Otto Grunert, "So grinst uns
höhnend die kapitalistische Wirtschaftsordnung an. Sinnlos. Auf der
einen Seite Brachliegen von Millionen von Arbeitshänden, Leerlauf
der Betriebe, auf der anderen Seite Fehlen des Allernotwendigsten für
breite Volksschichten." |
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Erwerbslosigkeit,
Arbeitspolitik und Alltag -
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Die soziale Lage ist wie 1912 beim Untergang der Titanic: Für 2 200 Passagiere gibt es nur 1 200 Plätze in den Rettungsbooten. Besonders heftig grassiert die Erwerbslosigkeit unter den Arbeitern und Handwerkern, weshalb der Mitteldeutsche Handwerkerbund Ende August 1932 an Reichskanzler Franz von Papen telegraphiert:
Am schlimmsten trifft es, was oft vergessen, die Zeitarbeiter, Saisonarbeiter in der Landwirtschaft, verheirateten Arbeiterinnen, Heimarbeiter und Jugendlichen unter 21 Jahren. Schon vor 1929 besaßen sie keinen Anspruch auf Krisenfürsorge.
1910 nach oben Die erste Nachricht über eine städtische und planmäßig arbeitende institutionalisierte Arbeitsvermittlung in Naumburg liegt [mir] für 1910 vor. Am Abend des 17. Oktober erörtert im großen Ratskellersaal Helmuth Carl Ernst August Freiherr von Schele (1858-1922), Landrat des Kreises Naumburg, mit den städtischen Körperschaften und Behörden sowie dem Magistrat der Stadt Bad Kösen und anderer Ortschaften die Einführung eines Arbeitsnachweises. Eingeladen sind ebenso Vertreter der Geistlichkeit, Frauenvereine, Arbeiterorganisationen und Unternehmer. Nachfragende aus der Umgebung und Wanderarbeiter liefen bisher die Herberge zur Heimat auf der Neuengüter (Strasse) an, die ihnen bei der Arbeitsvermittlung half. Nunmehr sollen auch Frauen, speziell als Hauspersonal, und einheimische Arbeiter vermittelt werden. "Die arbeitsscheuen Elemente allerdings", weiss Doktor Dermietzel (Magdeburg) zu berichten, "vermeiden solche Orte mit Arbeitsnachweisen, während die Arbeitswilligen sie aufsuchen." Die Leitung des Arbeitsnachweises übernimmt ein paritätischer, aus Arbeitgebern und Arbeitnehmern zusammengesetzter Ausschuss, dessen Hauptaufgabe darin besteht, die Abwanderung von Arbeitskräften aus dem Kreisgebiet einzudämmen. Das Merkblatt für die schulentlassene Jugend zu Naumburg a.S. aus dem Jahre 1914 stellt die didaktische Frage:
und antwortet:
Das Schreiben wird mit den Konfirmanden besprochen und den zuziehenden jungen Leuten überreicht.
Krieg nach oben Mit der deutschen Kriegserklärung an Russland am 1. August 1914 beginnt die Umstellung auf die Kriegswirtschaft. Vorübergehend schnellt die Arbeitslosigkeit nach oben. Obwohl bereits 28 Prozent der Beschäftigten zur Armee einberufen, steigt sie im Reich von 2,7 Prozent im Juli 1914 auf 22,7 Prozent im September 1914, um im Dezember desselben Jahres wieder auf 7,2 Prozent abzusinken. (Vgl. Umbreit 103f.) Auf die Garnisonsstadt Naumburg wirkt sich das kaum aus. Denn die Rekrutierung der Soldaten, Bereitstellung ihrer Ausrüstung und Pflege der Verletzten für die Armee in den Lazaretten erfordern erhebliche zivile Arbeitsleistungen. Die gewerbliche Produktion der Stadt ist nur schwach mit der nationalen Industrie verflochten. Natürlich machen die kriegsbedingten makroökonomischen Krisenerscheinungen um Naumburg keinen Bogen. Die Truppentransporte beinträchtigen stark den gesamten zivilen Verkehr, was hohe volkswirtschaftliche Verluste nach sich zieht und zur Verknappung von Waren führt. Sofort setzen Preistreibereien und Wucher ein, worauf die Regierung mit dem Höchstpreisgesetz vom 4. August 1914 antwortet. Es entfällt der Goldstandard, der Zwang die Währung durch Gold zu decken, was die Inflationsgefahr allmählich erhöht. Bereits im Dezember 1914 mangelt es an Brotgetreide. Während des gesamten Krieges ist die landwirtschaftliche Produktion rückläufig. Massenhafte Zwangsschlachtungen finden statt. Deutsche Seehäfen werden blockiert, wodurch der Außenhandel schweren Schaden nimmt.
Leuna nach oben Am 4. August 1914 ruft Kaiser Wilhelm II. das deutsche Volk zu den Waffen. Sofort beginnt im Raum Halle-Leipzig-Merseburg der Ausbau der Rüstungswirtschaft. Neue Werke werden errichtet, andere umgebaut. Es verändert sich die Struktur der Industrie und damit das Arbeitsangebot für die Arbeitnehmer in Naumburg.
Bald kann der Bahnreisende auf der Strecke von Berlin nach Frankfurt am Main, wenn er die Stadt Merseburg passiert, in der Landschaft ein riesiges technisches Aggregat bestaunen. Das Ungeheuer synthetisiert Ammoniak, ein Ausgangsstoff für die Produktion von Düngemittel und Sprengstoff. Die erste Versuchsanlage dieser Art nahm 1911 in Ludwigshafen ihren Betrieb auf. Zwei Jahre später gelang im Werk Oppau der Badischen Anilin- & Soda-Fabrik (BASF) mit dem Haber-Bosch-Verfahren die grosstechnische Realisierung. Im September 1914 beginnt nach vier Wochen Bewegungskrieg an der Marne zwischen der 1. und 2. Deutschen Armee einerseits und den alliierten Verbänden andererseits ein dreieinhalbjähriger Stellungskrieg. An einem Tag verschiessen die Truppen soviel Granaten und Munition wie im gesamten Deutsch-Französischen Krieg 1870/71. Der Nachschub stockt. Die Entente blockierte die Lieferung von Chilesalpeter nach Deutschland. "Die belgische Salpeterbeute änderte den Sachverhalt so wenig," erläutert am 11. November 1920 Fritz Haber den Offizieren des Reichswehrministeriums, "dass im Herbst des Jahres 1914 der absolute Zwang, den Krieg im Frühjahr 1915 zu beenden, jedem Sachverständigen vor Augen stand." Obendrein drohten Blei und Kupfer zur Herstellung der Granaten auszugehen. Im September `14 traten die Militärs zur Konferenz zusammen, um über einen Ausweg zu beraten. Im Oktober gibt Carl Bosch das Salpeterversprechen und entwickelt ein grosstechnisches Verfahren zur Herstellung von Salpetersäure aus Ammoniak. Als Standort für die neue Produktionsanlage wählte man die Gegend nahe der Dörfer Leuna und Spergau südlich der Stadt Merseburg aus. 1916 begann die BASF auf Drängen des Kriegsministeriums mit dem Bau des Werkes. Nach elfmonatiger Bauzeit, am 29. April 1917 verliess der erste Kesselwagen mit der Aufschrift Franzosentod das Werk. Zum 1. Oktober 1918 arbeiteten im Ammoniakwerk Merseburg, wie das Unternehmen hiess, etwa 14 500 Personen. Am 1. März 1921 sind es bereits 22 958. (Leuna 1997, 60) Täglich fahren hunderte Arbeitnehmer von Naumburg mit der Bahn nach Leuna. Während des Krieges übernehmen oftmals Frauen die Männerarbeiten. 2 100 Männer und 500 Frauen aus Naumburg sind laut geheimen Lagebericht des Sicherheitsdienstes der SS vom 20. Februar 1941 auswärts tätig, die meisten davon in Leuna.
1918 nach oben Der Krieg ist zu Ende. Millionen fluten nach der Massendemobilisierung in den Arbeitsmarkt zurück. Im Reich steigt die Arbeitslosigkeit von 1,2 (1918), 3,7 (1919) auf 3,8 Prozent (1920). Darin grösstenteils nicht erfasst sind die berufslosen Soldaten und Landflüchtigen. Das Stinnes-Legien-Abkommen vom 15. November 1918, politisch oft verflucht, leistete einen Beitrag zur Integration der Kriegsheimkehrer in den Arbeitsmarkt. Es sichert allen aus den Heeresdienst heimkehrenden Arbeitnehmern zu, sofort nach Meldung in die Arbeitsstelle wieder einzutreten, die sie vor dem Krieg innehatten. "Schier ungeheures", lässt 1919 der Offiziersstellvertreter und ehemalige Kompanieführer Karl Waase von der in Naumburg stationierten Ersatz Radfahrer-Kompanie anklingen, "ist von den einzelnen Jägerformationen des Magdeburger Jägerbataillons geleistet worden." Was die Soldaten, Unteroffiziere und Offiziere an Heldentaten für das Vaterland auch immer vollbrachten, jetzt drohen ihnen Arbeitslosigkeit und beruflicher Abstieg. Das verstärkt die ohnehin vorhandene antirepublikanische Stimmung in der Stadt.
"Der Arbeitslosigkeit nach dem Krieg", fordert der bekannte Gewerkschaftsfunktionär Paul Umbreit (1868-1932), "ist im Wege der Arbeitsbeschaffung und Bereitstellung öffentlicher Arbeiten und Aufträge entgegenzuwirken." (1918, 1333) Richtig, nur hat die Stadt dafür keine ausreichenden finanziellen Mittel. Trotzdem muss sie die Eingliederung der arbeitslosen Soldaten und Offiziere in den Arbeitsmarkt übernehmen oder zumindest unterstützen. Mit diversen Massnahmen lindert sie ihr Schicksal. "Um die Zukunft der aktiven Unteroffiziere" vom Jägerbataillon 4, Artillerieregiment 55 und 80, Artilleriedepot, Bezirkskommando und Kadettenanstalt sicherzustellen, richtet man in Naumburg am 1. April 1919 eine Garnisonsschule mit 11 Klassen für Militäranwärter und Kapitulanten ein. Erster Vorsitzender des Garnisons-Schulausschusses ist Major Wiesner. Auf ihn folgt Major Riemann und dann Karl Waase. In der deutschen Wirtschaft kriselt es. Zwischen den Sektoren der Volkswirtschaft bestehen krasse Disproportionen. Die Verteilung der Arbeitskräfte in den Hauptproduktionszweigen entspricht nicht den ökonomischen Erfordernissen. Während es in der Landwirtschaft an Arbeitskräften mangelt, sind gleichzeitig viele Städte übervölkert.
"Es ist also nur eine Frage der Zeit", prophezeit 1919 das Reichsamt für wirtschaftliche Demobilisation und Ministerium für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung, "dass die Städte wirtschaftlich einfach nicht mehr unterhalten werden können."
warnt die Behörde. Im Herbst 1919 bestimmt die Wiedereinstellung der Kriegsteilnehmer den Arbeitsmarkt mehr als Angebot und Nachfrage. Seit Oktober 1918 (= 100) ist die Beschäftigung in Deutschland auf 118, 68 Prozent gestiegen. Allein bei den Männern erhöhte sie sich 153,06 Prozent. Laut Reichs-Arbeitsblatt sind in Deutschland jetzt 6 776 695 männliche und 8 561 486 weibliche Arbeitskräfte beschäftigt. Die Neue Zeit, die Wochenschrift der deutschen Sozialdemokratie, stellt im April 1920 (Seite 83) die Bürger darauf ein:
Im Bergbau und auf dem Land herrscht grosse Not an Arbeitskräften. Als eine Reaktion darauf entsteht die Artamanenbewegung, die Doktor Georg Schiele aus Naumburg aktiv unterstützt. Neue Wege, berichtet der ehemalige Naumburger Lehrer und Kreisjugendpfleger von Merseburg (1928) Karl Hemprich 1925 in Für und wider das Arbeitsdienstjahr und was nun?, zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit werden beschritten. Im März 1919 treibt die Regierung noch eine andere Sorge um. Im Aufruf zur Mitarbeit an der wirtschaftlichen Gesundung des deutschen Volkskörpers teilt sie mit: "Es ist eine Erfahrungstatsache, dass die Arbeitslosen stets die unzufriedensten Elemente unter der Arbeiterschaft darstellen und leicht für den extremsten Radikalismus gewonnen werden können." Zudem befürchten Magistrat und Bürgermeister, dass mit den Streiks im Februar / März 1919 gewalttätige Auseinandersetzungen bevorstehen und die bereits existierenden Versorgungsprobleme weiter verschärfen.
Verordnung über die Erwerbslosenhilfe (1918) nach oben Der Rat der Volksbeauftragten erlässt am 12. November 1918 die Verordnung über die Erwerbslosenhilfe. Jetzt trägt die Erwerbslosenhilfe in den Städten und Gemeinden nicht mehr den Rechtsstatus und Charakter einer Armenpflege. Arbeitslose haben einen Rechtsanspruch auf finanzielle Unterstützung. Zuständig für die Erwerbslosenfürsorge ist die Gemeinde (§ 5, 1). Ihre Fürsorge gedeiht nur arbeitsfähigen und arbeitswilligen Personen über 14 Jahre an (§ 6). An den Kosten beteiligen sich das Reich mit 6/12, die Länder mit 4/12 und die Gemeinden mit 2/12 der Gesamtsumme. Weibliche Personen werden nur unterstützt, wenn sie auf Erwerbstätigkeit angewiesen sind (§ 7, 1). Die Weiterzahlung der Krankenkassenbeiträge ist der Gemeinde zur Entscheidung freigestellt (§ 9, 19). Eigene und fremde Vorsorge, Rentenbezüge, Spargroschen und dergleichen dürfen auf die von der Gemeinde zu gewährenden Beihilfe nur insoweit angerechnet werden, als die Erwerbslosenunterstützung und sonstige Unterstützungen sowie Rentenbezüge zusammen den vierfachen Ortslohn übersteigen (§ 12). Es sind Fürsorgeausschüsse zu errichten, denen Vertreter der Arbeitgeber und Arbeitnehmer in gleicher Zahl angehören (§ 13, 1).
Um das Ganze kümmern
sich der Städtische öffentliche Arbeitsnachweis und
das Berufsamt. Der
für die Männer lässt sich in der Neuengüter 16
nieder. Der für die weiblichen Arbeitskräfte befindet sich im
Verwaltungsgebäude der Stadt Seilergasse 6/10. Am 13. November 1918 veröffentlicht der Magistrat von Naumburg seine Order. Mit der Ankündigung Städtischer öffentlicher Arbeitsnachweis erfahren die Arbeitgeber, dass sie ab jetzt jede freie Stelle dem Arbeitsnachweis melden müssen. Nachdrücklich werden sie aufgefordert, den Bedarf an männlichen und weiblichen Arbeitskräften in Landwirtschaft, Familienbetrieben, kaufmännischen Betrieben und bei Handwerken mitzuteilen. Im vierten Nachtrag zur Verordnung über die Änderung der Erwerbslosenfürsorge vom 15. Januar 1919 betont das Ministerium des Inneren die Arbeitspflicht der Erwerbslosen, auch wenn das Angebot außerhalb des Berufes oder Wohnortes liegt. Nach der Verordnung ist die Gemeinde verpflichtet, die Unterstützung zu streichen, wenn der Erwerbslose die Arbeit nicht annimmt. Im Fall der Arbeitsaufnahme ausserhalb des Wohnortes, konnte die Gemeinde sozusagen als Kostenausgleich einen Zuschlag für den Unterhalt der Familie bezahlen. "Am Arbeitsnachweis ist der Arbeitslose durch Vertrauensleute," instruiert die Volksstimme (Magdeburg) im Februar 1919 ihre Leser, "die er selbst wählt, zu beteiligen." Dies war angebracht, denn bei den Arbeitslosen, so erzählen es die Archivunterlagen, bestehen Vorbehalte. Stadtverordnete von der USPD wirken auf deren Überwindung hin. Sie können gute Argumente vortragen:
Zugleich tut die Stadt ihrerseits Einiges, um den Arbeitslosen zu helfen. Sie bietet ihnen, zum Beispiel beim Kanalbau vom neuen Krankenhaus bis zur Hallischen Straße, zu den üblichen Konditionen Arbeit an. Niemand musste auswärts arbeiten gehen. Die Arbeitslosigkeit steigt durch die Leuna-Aussperrungen im Sommer 1921 leicht an.
Eine
originelle Arbeitsloseninitiative nach
oben Fünfundzwanzig junge Handwerker, Lehrer, Gesellen, Gelernte und Ungelernte - "Burschen und Mädchen aus bürgerlichen Kreisen, bestes Material an Lebenskraft und Idealismus", meldet im Oktober 1920 Die Tat, Monatszeitschrift für Politik und Kultur, sind mit Friedrich Muck-Lamberty auf Wanderung.
Wie ein Feuerschweif (Pfarrer Adam Ritzhaupt) ziehen sie als Neue Schar im Sommer 1920 singend, tanzend und schwingend durch Franken und Thüringen. "Es sind alles Arbeitslose", teilt Eugen Diederichs am 21. Februar 1921 seiner Exzellenz dem Herrn Kultusminister Wehnert in Altenburg mit. "Ich erkenne es hoch als ein positives Verdienst von Muck an," würdigt der Verleger aus Jena das Unterfangen, "dass er es fertig gebracht hat,
und das ist ein Plus zu seiner religiösen Schwärmerei. Ich kann auch aus mehrfachen persönlichen Eindrücken behaupten, es ist eine wirkliche Gemeinschaft vorhanden, und nicht etwa zusammengelaufenes Gesindel, oder unklare, einem magischen Zauber Mucks erliegende Menschen. Es wird dort positiv nicht nur wirtschaftlich, sondern auch innerlich menschlich etwas erarbeitet, was der ganzen Jugendbewegung zugutekommt, trotz allen Abstrichen, die man machen muss, weil niemand unter ihnen da ist, der ein festes Ziel vor sich sieht." Anfang November 1920 endet die Expedition der Neuen Schar auf der Leuchtenburg bei Kahla und sie wandelt sich von der Spiel- zur Handwerkerschar. Darüber berichtet Karl Wilker (1880-1985) im Januar 1921 in Junge Menschen. Spätestens hier ist erkennbar, dass ihr Aufbruch nicht allein aus einer wirtschaftlichen Notsituation erfolgte, sondern ebenso aus der Opposition zur bürgerlichen Berufstour. Auf sich selbst gestellt, entstand eine Gruppe, die solidarische Lebensformen entfaltete. Dies überschritt die Erwartungen und Erfahrungen einer Wandergruppe. Der Zug der Neuen Schar durch Franken und Thüringen war - vielleicht - die originellste und kreativste Arbeitsloseninitiative, die Deutschland je gesehen hat. Sie wollte das schöne Leben mit der Arbeit aussöhnen.
Der Arbeitsnachweis (1922) nach oben
Im Sommer 1921 zieht der Arbeitsnachweis von der alten Luisenschule in das Salztor um. Im August 1921 sind 210 männliche und 10 weibliche Personen als erwerbslos registriert. Dem stehen - statistisch gesehen - 188 offene Stellen für Männer und 58 für Frauen gegenüber. Mit dem Arbeitsnachweisgesetz vom 22. Juli 1922 wird in allen deutschen Ländern der Öffentliche Arbeitsnachweis installiert. Er ist eine Einrichtung der Stadtverwaltung, die am Kaiser-Wilhelm-Platz 1 unterkommt. Ihr Verwaltungsrat besteht neben dem Vorsitzenden aus je vier Arbeitnehmern und Arbeitergebern. Gemäß der Satzung
für den öffentlichen übernimmt dieser folgende Aufgaben: Arbeitsvermittlung, Wanderfürsorge, Arbeitsbeschaffung, Unterstützung von Arbeitslosen, Wahrnehmung von Aufsichtsfunktionen gegenüber Gewerbebetrieben, Berufsberatung, Beobachtung des Arbeitsmarktes und statistische Erfassung der Arbeitsgesuche, offener Stellen, Streiks und Aussperrungen. Finanzielle Unterstützung erhalten von der Behörde diejenigen Arbeitslosen, die mindestens eine dreimonatige krankenversicherungspflichtige Tätigkeit nachweisen können. Jugendliche ohne Lehrstelle sind nicht berechtigt Leistungen zu beantragen. Die Stadtverordnetenversammlung Naumburg beschließt am Freitag, den 7. Juli 1922 die Erhöhung der 218 Alters- und Invaliden-, 7 Witwen- und 27 Waisenrenten. Ziel ist den Notstandsrentnern ein Jahreseinkommen von 4 000, den Witwen- und Waisenrentnern von 2 700 beziehungsweise 1 500 Mark pro Jahr zu garantieren. Bei Nebeneinkünften aus der Arbeitstätigkeit bleibt es bei einem Jahreseinkommen von 3 000 und bei Witwenrentnern bei 2 100 Mark im Jahr.
Mittelaufbringungs-Verordnung (1923) nach oben Laut Mittelaufbringungs-Verordnung vom 15. Oktober 1923 müssen nunmehr die Beiträge zur Finanzierung der Erwerbslosenfürsorge für die krankenversicherungspflichtig Beschäftigten je zur Hälfte von den Arbeitnehmern und ihren Arbeitgebern aufgebracht werden, deren Summe zunächst auf 20 Prozent des Krankenversicherungsbeitrags festgeschrieben ist. Etwa ein Fünftel der Kosten müssen die Gemeinden übernehmen. Am 11. September 1923 beraten die Stadtverordneten über die Folgen der Hyperinflation und die Auswirkung auf die Arbeitslosen und Ernährungslage. Stadtrat Nikolai treibt es die Sorgenfalten ins Gesicht, wenn er daran denkt, dass es Bürger gibt, die bereits über ein halbes Jahr ohne Arbeit sind. Die Stadt ist an der Grenze ihrer Leistungsfähigkeit angekommen. Über die fortwährende Entwertung der Zuschläge für die etwa 400 Klein- und 450 Sozialrentnern sowie 300 Vollerwerbslosen sind die Abgeordneten in großer Sorge. Infolgedessen weist der Haushalt eine Unterdeckung von 200 Milliarden Mark auf. Der Magistrat stellt für Fälle besonderer Not 30 Millionen Mark bereit. Das örtliche Gewerkschaftskartell fordert weitere Wirtschaftshilfe und die Bereitstellung von Notstandsarbeiten.
Über die Arbeitslosigkeit sollen Notstandsarbeiten, wie die Pflasterung Neidschützer Straße und Herstellung des Flemminger Weges mit 400 Meter Fahrbahn, hinweghelfen. Als Maurerstundenlohn zahlt die Stadt im November 2 000 000 Mark. Die Baumaßnahmen am Moritzplatz stocken. Beim Um- und Ausbau der Reichskrone - die NSDAP-Kreisleiter Friedrich Uebelhoer später eine Rattenburg nennt - sind, findet die Stadt heraus, dass drei nicht Ortsansässige beschäftigt sind. Sie werden im November 1923 entlassen. Naumburg hat zu viele Arbeitslose, als das ihre soziale Existenz durch die Stadt gesichert werden kann. Die Stadt kommt an ihre Leistungsgrenze, warnt Stadtrat Nikolai. Zuletzt waren die Unterstützungssätze pro Erwerbslosen auf 2 300 000 Mark, für die Ehefrauen auf 800 000 Mark und für jedes Kind auf 600 000 Mark je Tag festgesetzt. Im Vergleich dazu sind die Lebensmittel zu teuer. Deshalb sollen in Abstimmung mit Arbeitgebern, Vertretern der Landwirtschaft und Gewerkschaften Vereinbarungen getroffen werden, um sie deutlich billiger besorgen zu können. Die Stadt kann allenfalls die Versorgung mit Winterkartoffeln sicherstellen. Sie kommt nicht um eine drastische Erhöhung der Gewerbesteuer, des Gemeindezuschlages zur Steuer vom Grundvermögen und eine 70-fache Erhöhung der Wohnungsbauabgabe herum. Vor Weihnachten 1923 wenden sich die Arbeitslosen mit einer Eingabe an die Stadtverordnetenversammlung. Ihre Zahl stieg inzwischen auf 1 100 bis 1 200. Der wöchentliche Unterstützungsbetrag liegt je nach der Anzahl der im Haushalt lebenden Personen zwischen 2,30 bis 7,80 Mark pro Tag. Zur Linderung ihrer Not benötigen sie Kohlen, Kartoffeln, Milch für die Kinder und werdenden Mütter sowie Kleidung und Schuhwerk. Die Stadtverordneten beschliessen die Zuteilung von je 1/2 Zentner Kohle für die betroffenen Haushalte. Dazu gibt es für jeden ein zusätzliches Brot, für Familien mit zwei Kindern ein weiteres Brot. Mit den Bestimmungen
über die öffentlichen Notstandsarbeiten zieht ab 1. Mai ein neues Regime der Förderung der Notstandsarbeiten ein. Die bisher rekrutierten ausgesteuerten Erwerbslosen sind davon ausgeschlossen. Innerhalb eines Jahres dürfen Notstandsarbeiter maximal sechs Monate beschäftigt werden.
Krisenfürsorge nach oben
Mitte 1926 umfasst der Arbeitsnachweis Naumburg im Regierungsbezirk Merseburg 60 Gemeinden des Stadt- und Landkreises Naumburg sowie die Stadt Eckartsberga nebst 22 Landgemeinden. Die Behörde führt für jeden Arbeitslosen eine Akte. Darin wird die Berechnung des Arbeitslosengeldes unter Berücksichtigung eventueller Nebeneinnahmen und die gesetzliche Krankenversicherung nachgewiesen sowie die Unterstützungsfrist festgelegt. In der Stadt Naumburg erhalten der Neubau des Bauernweges, der Ausbau der Jenaer Straße und die Gewinnung von Straßenbaumaterial in Altenburg im Rahmen der Notstandarbeiten eine Grundförderung. Die Pflichtarbeit wird an drei Tagen zu je fünf Stunden durchgeführt. Für drei Bezirke mit 112 Beschäftigte Arbeitern für 59 Kurzarbeiter ein Tag wöchentlich wird eine Kurzarbeiterunterstützung gezahlt. "Die Entwicklung der Arbeitsmarktlage lässt noch keine Besserung erwarten," schließt der Bericht vom 25. Juni 1926. "Die vereinzelten Abgänge werden durch Zugänge wieder ausgeglichen." Mit dem Gesetz zur Krisenfürsorge für Erwerbslose vom 21. November 1926 erhalten die Langzeitarbeitslosen über die 52. Woche hinaus eine unbegrenzte Krisenunterstützung. Finanziert wird sie zu drei Viertel durch das Reich und zu einem Viertel durch die Gemeinden.
AVAVG (1927) nach oben Ein Meilenstein auf dem Weg zur institutionalisierten Arbeitsmarktsteuerung und Versorgung der Arbeitslosen stellt das Gesetz über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (AVAVG) vom 16. Juli 1927 beziehungsweise vom 12. Oktober 1929 dar. Es brachte einen Paradigmenwechsel in der Finanzierung, Betreuung der Arbeitslosen (Kru, Alu, Wolu) und Arbeitsweise der Institutionen. An die Stelle des Fürsorgeprinzips tritt das Versicherungsprinzip. Funktion, Struktur und Aufgaben der Arbeitsämter ändern sich grundlegend. Die Kommunen und Länder werden in die neue Reichsanstalt für Arbeit eingegliedert. Auf allen drei Ebenen (Reich, Land, Kommune) bestehen Selbstverwaltungsorgane. Der Verwaltungsausschuss des Arbeitsamtes setzt sich aus dem Vorsitzenden des Arbeitsamtes, den Vertretern von Arbeitgebern, Arbeitnehmern und den öffentlichen Körperschaften zusammen. 1927 wird die Reichsanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (RAfAuA) als eine Institution des öffentlichen Rechts gegründet. 1931/32 betreut sie rund 4,8 Millionen Arbeitslose. (Vgl. Reichsanstalt) Wer als Lohnarbeiter oder Angestellter unfreiwillig arbeitslos wurde, zugleich arbeitswillig und -fähig ist, erhält nach dem AVAVG 26 Wochen Arbeitslosenunterstützung (Alu). Einen Rechtsanspruch hatte aber nur, wer vorher mindestens 26 Wochen innerhalb zwölf Monaten versicherungspflichtig beschäftigt gewesen war. Die Höhe der Alu setzt sich aus der Hauptunterstützung und Familienzuschlägen zusammen. Grundlage für die Berechnung bildet das Einkommen der letzten drei Monate. Beträge aus eigner Vorsorgeleistung und die Verwertung von Besitz, wenn Härten zu befürchten waren, bleiben unberücksichtigt. Eine Verlängerung der Auszahlung bis auf 39 Wochen ist in Abhängigkeit von der regionalen Arbeitsmarktlage möglich. Danach, oder wenn der Erwerbslose die Anwartschaftszeit für die Alu nicht erfüllte, erhielt er individuell gestaffelt für maximal 29 Wochen die steuerfinanzierte Krisenunterstützung (Kru) beziehen.
Jugendliche Erwerbslose unter 21 Jahren und Empfänger der Kru müssen zusätzlich zur untertariflichen Entlohnung Pflichtarbeit leisten. Voraussetzung für den Erhalt der finanziellen Leistung sind Arbeitsfähigkeit, die Verfügbarkeit von mindestens 30 Wochenstunden, Arbeitswilligkeit (nach Prüfung!) und Bedürftigkeit. 1931 überwachten die Arbeitsämter auf Arbeitsbereitschaft, Arbeitsfähigkeit und tatsächliche Arbeitslosigkeit ständig etwa 4,1 Millionen unterstützte Arbeitslose einschließlich der Wohlfahrtserwerbslosen. (Nach Reichsanstalt) Nach Ablauf der Kru konnte der Erwerbslose Wohlfahrtsunterstützung (Wolu) von der Kommune erhalten. Bei der Hilfebedürftigkeitsprüfung der Arbeitsämter vor dem Bezug von Arbeitslosenunterstützung werden viele ausgesteuert und bleiben ihnen daher fern, was die offizielle Arbeitslosenstatistik verfälscht.
Rücktritt Kabinett Müller II nach oben "Arbeitslosigkeit wird in erster Linie durch Vermittlung von Arbeit verhütet," heißt es im § 131 des AVAVG. Angesichts der Wirtschaftslage war dies reine Illusion. Das System der Arbeitslosenversicherung
war auf maximal 800 000 Hauptunterstützungsberech- Im Januar 1930 sind bei den Arbeitsämtern 3,217 Millionen Arbeitslose [Alu] gemeldet. Hinzukommen eine hohe Zahl von Empfängern der Wohlfahrtunterstützung [Wolu]. Der Reichszuschuss für die Arbeitslosenversicherung erhöhte sich von 1927: 134,3 auf 105,5 Millionen Reichsmark im Jahr 1929 und steigt 1930 weiter auf 591,2 Millionen Reichsmark. (Gladen 98, 101) Bereits im März 1929 steht die Reichsanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung vor dem Zusammenbruch. Wäre nicht ein Bankenkonsortium mit einem Kredit eingesprungen, dann hätten die Beiträge noch für ganze 800 000 Empfänger ausgereicht. Im Dezember 1929 gelang es der Regierung Müller den Beitragssatz für die Arbeitslosenversicherung auf 3,5 Prozent anzuheben. Wie nicht anders zu erwarten, widersetzten sich DVP und Unternehmerverbände dem SPD-Vorschlag, die Reichsanstalt im Frühjahr 1930 zur Erhöhung auf 4 Prozent zu ermächtigen. Schliesslich wäre die SPD durchaus mit 3,75 Prozent zufrieden, was jedoch keine Zustimmung fand. Einen letzten Kompromiss die Beitragserhöhung und das Reichsdarlehen bis in den Herbst 1930 zu vertagen, lehnte sie jedoch ab. Über den Streit um die Erhöhung des Beitragssatzes für die Arbeitslosenversicherung um 0,5 Prozent beziehungsweise 0,25 Prozent zerbricht am 27. März 1930 die Große Koalition von SPD, Zentrum, BVP, DVP und DDP. Es war ein Anlass, nicht aber die Ursache. - Mit dem Kabinett Müller II (28.6.1928 bis 27.3.1930) tritt die letzte demokratisch legitimierte Regierung der Weimarer Republik zurück. Das Brüning-Kabinett, seit 31. März 1930 im Amt, erlässt am 1. August 1930 die Notverordnung zum Abbau der Arbeitslosenversicherung. Der Volksbote (Zeitz) bezeichnet sie als Stockschläge auf den Magen, "um nun mit faschistischen Methoden den hungernden Arbeitslosen das enger schnallen des Hungerriemens zu diktieren".
Von den 6 Reichsmark Hauptunterstützung nach 52-wöchiger Anwartschaft in der untersten Lohnklasse, echauffieren sich sogar bürgerliche Zeitungen, könne niemand Leben. Freilich stimmten die bürgerlichen Parteien dem Leistungsabbau zu. "Und sie trifft deshalb auch die volle Verantwortung an diesem Sozialverbrechen an den Arbeitslosen," betont der Volksbote (Zeitz) am 5. August 1930, "die ihnen dafür am 14. September die wohlverdiente Quittung geben müssen durch den sozialdemokratischen Stimmzettel."
Die Strategie des kleineren Übels (Duldungspolitik) der Sozialdemokratie gegenüber dem Brüning-Kabinett (31.3.1930 bis 9.10.1931) kostet ihr viel Autorität, sah sie sich doch gezwungen die schlimmsten Not- und Sparmassnahmen, die von ihren Wählern überwiegend leidenschaftlich abgelehnt wurden, zu tolerieren. "Sollten die geplanten Verschlechterungen abgewendet werden", hob Eugen Wallbaum (SPD) auf einer gut besuchten und aufregenden Massengewerkschaftsversammlung im Juli 1930 in Naumburg (Saale) hervor, "sei eine kampfbereite Arbeiterklasse notwendig." Bei dieser Gelegenheit präsentiert Walter Höhne (KPD) "die russischen Verhältnisse" in der Arbeitslosenfrage "als vorbildlich", was auf heftigen Widerspruch bei den Sozialdemokraten (Gottfried Rublack, Eugen Wallbaum) stösst.
Unhaltbare Zustände nach oben Am Montagabend, den 27. Januar 1930, diskutieren Gewerkschafter auf einer öffentlichen Versammlung im Hotel Zur Post (Lindenring 34) über die Zustände im Naumburger Arbeitsamt. Wie fast nicht anders zu erwarten, beginnt die Versammlung mit einer lautstarken Auseinandersetzung. Ein Nichtmitglied soll den Saal verlassen, was schließlich nur mit polizeilicher Hilfe gelingt. Dann nimmt Versammlungsleiter Gottfried Rublack (7.2.1881-19.3.1962) das Wort. Die Novellierung des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (AVAVG) bietet reichlich Diskussionsstoff. Der Redner thematisiert den Rückschritt bei der Versorgung der Arbeitslosen, die neuen Wartezeiten und Sperrfristen. Diese Bestimmungen, stellt er fest, werden "durch unsoziales Empfinden der Arbeitsämter" verschärft. Im hohen Personaleinsatz und der vergleichsweisen fürstlichen Entlohnung der Mitarbeiter des Naumburger Arbeitsamt, erblickt der SPD-Mann "unhaltbare Zustände".
Die Aufgaben des Amtes nehmen gegenwärtig neun Personen wahr. In Kürze sollen fünf weitere Mitarbeiter hinzukommen. Ein unerhört großer Beamtenapparat leistet bei fast ebenso hohen Arbeitslosenzahlen - nach damaliger Sichtweise - das Gleiche wie die frühere Verwaltung des Arbeitsnachweises am Salztor. Anregungen und Beschwerden erledigt der Leiter des Arbeitsamtes in selbstherrlicher Weise. Er und die Arbeitgeber zeigten bei den Sitzungen des Verwaltungsausschusses bisher nur wenig soziales Empfinden. 1930 beträgt der Haushalt des Arbeitsamtes 133 000 Reichsmark (RM) und deckt damit die Gehälter und Verwaltungskosten. Der Leiter des Arbeitsamtes bezieht ein Jahresgehalt von 9 000 RM plus diverser Zuschläge. Eine Reihe von Angestellten erhalten 6 660 RM und in Abstufungen bis zu 3 200 RM, Hilfskräfte mindestens 1 800 RM. Eine Sachbearbeiterin hat mehr als einhundert Personen zu betreuen. Auch die Entschädigung des Chauffeurs mit 4 100 RM plus Wohnung ist unzeitgemäß. (Vgl. Gewerkschaften 1930) Das Naumburger Arbeitsamt schikaniert weiter, erlässt brutale Verhaltensmaßnahmen und missachtet die Rechte des Arbeitslosen. Besonders die berüchtigte Frau Charlotte Kern und der Arbeitsamtsdirektor Pfeiffer, ziehen den Zorn vieler Arbeitsloser auf sich. Selbst bürgerliche Vertreter des Verwaltungs-Ausschusses erheben warnend die Stimme. Darüber werden die Mitglieder des Ortsausschusses des ADGB auf einer Versammlung Anfang Juli sprechen. Zum ersten Mal tauchen am 27. Januar 1930 Nachrichten über das Fest der Arbeit (siehe unten) auf, welches die Gewerkschaft organisieren will. Dann berichtet Gottfried Rublack, Vorsitzender des Ortausschusses des ADGB, "über Maximen, die in Naumburger Arbeitsamt angewendet werden, und die nur als Schikane und Rechtlosmachung der Arbeitslosen bezeichnet werden können. Der Vorsitzende [des Arbeitsamtes] masse sich eine Willkürherrschaft an, wie so wohl kaum in einem zweiten Arbeitsamt bestehen dürfte. Aus diesem Grunde sei es auch erklärlich, dass bei jeder Kleinigkeit die Polizei gerufen werde." Die Haltung vom Chef des Arbeitsamtes charakterisiert Gottfried Rublack als "reaktionär". "Wie gearbeitet wird, zeigt, dass auf Grund einer Anweisung der Sohn des Rittergutsbesitzer Braun, Besitzer der prunkvollen Villa in Naumburg, Ecke Bürgergartenstrasse, die Arbeitslosenunterstützung in voller Höhe erhielt, während in einem anderen Falle der Sohn eines Kleinbauern wegen Nichtangabe des Landbesitzes der Staatsanwaltschaft ausgeliefert wurde und Kollegen mit einigen Morgen Pachtland empfindliche Beträge von der Arbeitslosenversicherung abgezogen erhielten." Genosse Rauchbach (SPD) zählte weitere Fälle auf, welche im Spruchausschuss zu Bedenken Anlass gegeben hatten. "Kollege Weinert, gab eine Reihe von Erlebnissen zum Besten, die die Heiterkeit der Delegierten auslöste." Ein anderer Kollege berichtete über das Verhalten des Personals vom Arbeitsamt gegenüber den Arbeitslosen und charakterisierte es als "herausfordernd". Auch bei Personalangelegenheiten trat das auf. Man registrierte Verstöße gegen die Tarifverträge und gröbliche Verletzung des Betriebsrätegesetzes durch den Leiter des Arbeitsamtes. Es wurde beschlossen, eine grosse öffentliche Gewerkschaftsversammlung einzuberufen. (Vgl. Unglaubliche) Sie trifft man sich dann
im Saal vom Hotel Zur Post (Lindenring 34) wieder. Thema sind erneut die anhaltenden Missstände beim Naumburger Arbeitsamt. Gottfried Rublack (1 2 3), Vorsitzender des Ortsaussschusses des ADGB, leitet die Versammlung. Im einleitenden Referat erörtert er das AVAG (Gesetz über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung) und die von der Regierung Brüning geplanten Verschlechterungen. Dann kommt er auf die Probleme in Naumburger Arbeitsamt zu sprechen. Die Qualifikation des Amtsleiters Pfeiffer erscheint ihm mehr als fraglich. Ein besonders dunkles Kapital ist sein Verhältnis zur Mitarbeiterin Charlotte Kern. "Während der Kernschen Hochkonjunktur ist es für die Arbeitslosen ein Glücksumstand gewesen, den Herrn Direktor einmal im Amte anzutreffen." Rublack fordert die entsprechenden Stellen auf, die Naumburger Zustände zu untersuchen. Die Betriebsvertretung der Gewerkschaft sollte hinzugezogen werden. Als erster meldet sich in der Diskussion Kommunist König, seines Zeichen Quasselist (Volksbote), zu Wort. Zur Erhellung der Probleme trägt er nichts bei. Dann spricht Walter Höhne, ebenfalls KPD, in auffällig zurückhaltender Weise. "Er konnte es [aber] nicht unterlassen, die russischen Verhältnisse als vorbildlich hinzustellen und begründete das damit, das er Gelegenheit gehabt habe, in einer vierwöchigen Studienreise die Verhältnisse oberflächlich kennen zu lernen". "Gen. Wallbaum [SPD], Angestellter des Arbeitsamtes, ging unter lebhafter Zustimmung der Versammlung auf die Ausführungen der KP-Redner belehrend ein. Treffend kennzeichnete er das verbrecherische Verhalten derjenigen, die die Arbeiterschaft in zwei Lager gespalten haben. Er wies nach, dass damit den Grosskapitalismus die Waffen in die Hand gegeben worden seien, gegen die Sozialgesetzgebung Sturm zu laufen. Dann ging der Redner auf die der Regierung Müller von kommunistischer Seite gemachten Vorwürfe ein. Es war ihm ein Leichtes, die Unhaltbarkeit der gemachten Vorwürfe nachzuweisen. Den Unterschied der Arbeitslosenversicherung in ihrer jetzigen Gestalt gegenüber der geplanten Reform der Bürgerblockregierung zeigte [der] Redner in Aufzählung anhand sogenannter Reformvorschläge. In überzeugender Weise ging er auf die Stellung der Sozialdemokratischen Partei in dieser Frage ein, und unter demonstrativem Beifall konnte er feststellen, dass die Arbeiterklasse gerade der sozialdemokratischen Tatkraft es zu verdanken habe, wenn die Sozialgesetzgebung und damit das Arbeitslosenversicherungsgesetz in erträglicher Form im Interesse der Arbeiterschaft sich habe erhalten lassen. Sollten die geplanten Verschlechterungen abgewendet werden, sei eine einige kampfbereite Arbeiterklasse notwendig. Die Arbeiterschaft habe es in der Hand, die Sozialgesetze für sich erträglich zu gestalten. Sie habe es auch in der Hand, schon unter dem derzeitigen System sich Einfluss und Geltung zu verschaffen und jede willkürliche Maßnahme abzuwenden. Als Angestellte des Arbeitsamtes müsse er es aus begreiflichen Gründen ablehnen, auch nur ein Wort zu der geübten Kritik zu sagen, geschweige sich für oder gegen dieselbe einzusetzen. 90 Prozent der Versammlungsleiterteilnehmer seien ja aus eigener Anschauung als derzeitige oder frühere Erwerbslosenunterstützungsempfänger in der Lage, sich eine Meinung über ein gerechtes oder ungerechtes Verfahren zu bilden. Feststellen müsse er aber, das sich gerade hier deutlich gezeigt habe, dass der Unverstand der Massen einen erheblichen Teil der Schuld an all den Auswirkungen trage. Immer wieder bewahrheitet sich das Wort unserer großen Führer aus der Gründungsgeschichte der Sozialdemokratischen Partei: Der Feind, den wir am tiefsten hassen, der uns umlagert schwarz und dicht, das ist der Unverstand der Massen, den nur des Geistes Schwert durchbricht. Darum lasst Wissen unter die Proleten kommen und in Einmütigkeit den Kampf gegen die Reaktion und Kapitalismus aufnehmen. Dann wird sich bald zeigen, dass die Arbeiterklasse eine unbesiegbare Stärke hat, dann werden sich auch keine Elemente mehr finden, die in ihrer Unwissenheit und Verblendung unter jenem politischen Gesindel der Hakenkreuzler ihre Zuflucht suchen. Gehen wir die nächsten acht Wochen einig, mutig, trotzig und mit Begeisterung in den Kampf, dann wird schon der 14. September zeigen, dass die Arbeiterschaft der Fels ist, auf dem der Staat der Zukunft gebaut wird!" Darauf folgte minutenlanger demonstrativer Beifall. Im Schlusswort erörtert Gottfried Rublack (SPD) den Verlauf der Versammlung und kündigt das Fest der Arbeit an. "Der Massenbesuch", resümiert der Volksbote (Zeitz), "ist ein niederschmetternder Beweis dafür, dass es die Naumburger Arbeiterschaft satt hat, noch länger die unglaublichen Methoden des Herrn Pfeiffer und seiner Trabanten zu ertragen."
Fest der Arbeit in Naumburg a. S.. nach oben Just in dem Moment als die bezahlte Erwerbsarbeit ausgeht, organisiert das Sozialistische Kultur-Kartell, der ADGB-Ortsausschuss und die SPD-Ortsgruppe vom 26. Juli bis 3. August 1930 ein Fest der Arbeit. Darin eingebunden ist eine Turn- und Sportfest. Offiziell trägt es den etwas umständlichen Namen: 14. Bezirksfest des 4. Bezirks im 5. Kreis des Arbeiter-Turn- und Sportbundes (ATSB) vom 26. und 27. Juli 1930.
Viele Gruppen, einschließlich KPD und Rote Sportler, die vom Volksboten (Zeitz), was nicht so häufig vorkommt, Lob für ihr Auftreten während des Festes ernten, leisten eine enorme Organisationsarbeit. Bald standen sie vor der Frage, wie die vielen hundert Gäste aus der Umgebung in Naumburg übernachten können. Als Standquartiere wählt man die Gartenlaube (Gartenstraße), den Rosengarten (Michaelisstraße) und das Hotel Zur Post (Lindenring) aus. Natürlich stellegrgen die Sympathisanten der Linken für die auswärtigen Teilnehmer Solidaritätsquartiere bereit. Zur Verpflegung der Teilnehmer (des Bezirks-Turnfestes) waren der Arbeiterwohlfahrt leihweise 800 Essensbehälter versprochen worden. Im letzten Augenblick zieht der Lieferant mit scheinheiliger Begründung seine Zusage zurück. Trotzdem will die Arbeiterwohlfahrt die Massenspeisung absichern. Das Organisationskomitee bittet alle Teilnehmer ein Essgeschirr mitzubringen und appelliert:
Schliesslich hilft der Konsumverein mit Tassen aus. Der Morgenkaffee mit Brötchen plus Mittagessen kostet 30 Pfennig. Die Erbsensuppe aus der Feldküche schmeckte köstlich. Nach Sport und Spiel tauschten die Sportenthusiasten ihre Erfahrungen aus, wie sie persönlich und ihre Familie mit der schrecklichen Krise fertig werden. Bei den Teilnehmern fand das Fest einen guten Anklang. Im Programm, ein sechzehnseitiges Dokument im Schulheftformat, sind alle Veranstaltungen zum Fest der Arbeit aufgelistet.
Das Programmheft enthält Grußworte vom Vorsitzenden des Arbeiter-Sportkartells Willy Wipprecht und ADGB-Ortsvorsitzenden Gottfried Rublack. Kurt Löwenstein erörtert Die gemeinsame Aufgabe der sozialistischen Kulturorganisation und O. Rockstroh aus Zeitz Die Bedeutung der Arbeitersängerbewegung im Rahmen der sozialistischen Kulturarbeit. Unter
erklärt SPD-Stadtrat Otto Grunert:
Und doch war das Fest der Arbeit, verglichen mit dem was nach 1933 kam, nicht politisch militant oder aufdringlich angelegt. Man trieb Sport, sang Lieder oder sass fröhlich zusammen. Politische Agitation trat in den Hintergrund - es ging nicht darum, jemanden politisch zu bekehren oder auszugrenzen. Mit ein wenig Toleranz hätten Interessierte aus dem bürgerlichen Spektrum durchaus teilnehmen können. Taten sie aber nicht. Mit den Roten wollten viele Naumburger nichts zu tun haben. Es sollte ein Fest der klassenbewußten Arbeiter (Grunert) sein. Das rief sofort die Spießer und Hurra-Patrioten auf den Plan. Bürgermeister Karl Roloff stören die roten Fahnen. Seine Amtszeit läuft am 27. Februar 1931 aus. Zwei Tage vor dem Fest stand seine Neuwahl an. Er wird mit 20 Stimmen auf zwölf Jahre wiedergewählt. 6 Stimmzettel sind unbeschrieben; die kommunistische Fraktion enthält sich der Stimme.
"Auch der alte Graf im Barte [gemeint ist Arthur von Posadowsky-Wehner], dem die Errungenschaften der Republik arg im Magen liegen, und der von den Hurrapatrioten in Ermangelung jugendfrischer Kräfte immer noch als Paradepferd benutzt, hat mit seiner Massnahme, den Arbeiterturnern aus den gewaltigen Domwaldungen im Gegensatz zu den hiesigen Gepflogenheiten das Grün zum ausschmücken zu verweigern, nur in die Nesseln gesetzt. Der Festplatz wird in üppigen Grün prangen. Unsere findigen Genossen suchten sofort nach anderen Bezugsquellen, und mit Hilfe unseres Kreistagsabgeordneten Römer (Rossbach) gelang es, anderweitig das notwendige Grün zu beschaffen." (Verboten)
Arbeitsmarktreformen nach oben Mit dem Erlass des Reichsarbeitsministeriums vom 11. Oktober 1930 ändern sich die Modalitäten für die Auszahlung der Krisenunterstützung (Kru). Sie wird jetzt längstens 32 Wochen gezahlt. Für Arbeitslose über 40 Jahre kann das Arbeitsamt dies bis 45 Wochen verlängern, wenn es die Arbeitsmarktlage erfordert. Dafür sollen die Empfänger jetzt stärker zur Pflichtarbeit herangezogen werden. Gemeinden mit mehr als 10 000 Einwohnern gewähren diese nunmehr den Angehörigen aller Berufsgruppen. Jeder ausgesteuerte Arbeitslose erhält nach Wegfall seines Arbeitslosengeldes und bei Vorliegen der Bedürftigkeit ohne weiteres Krisenunterstützung. Für Gemeinden unter 10 000 Einwohner sind die Berufsgruppen im Erlass definiert, die Anspruch auf die Kru haben. Dazu gehören zum Beispiel ArbeiterInnen der Glasindustrie, der Holz und Schnitzindustrie. Von dieser Form der sozialen Unterstützung bleiben ausgeschlossen die ArbeiterInnen der Landwirtschaft, Arbeitslose unter 21 Jahre, Hausmädchen und weiterhin diejenigen, die in den letzten 2 Jahren keine 52 Wochen versicherungspflichtige Beschäftigung nachweisen können. Unter der Losung Preussen schafft Arbeit schlägt im Oktober 1930 der preußische Ministerpräsident Otto Braun (1872-1955) dem Reichskanzler folgende Massnahmen vor: Erstens. Mit Einführung eines neunten Schuljahres würde der Arbeitskräftemarkt kurzfristig um 250 000 Personen reduziert. Eine Einstellung neuer Lehrkräfte wäre nicht notwendig, weil die Schülerzahlen insgesamt rückläufig sind. Zweitens. Ein Verbot der Wanderarbeiter, die in keinem Falle mehr zugelassen werden sollen. Damit könnten "110 000 deutschen Arbeitslosen Arbeit verschafft und dem unerträglichen Zustand ein Ende bereitet werden, dass bei einer deutschen Arbeitslosigkeit von fast 3 Millionen Menschen über 100 000 Arbeitsplätze wieder von Ausländern eingenommen werden." (Volksstimme, Magdeburg 26.10.1930) Drittens. Solange nicht die vierzig Stundenwoche eingeführt ist, dürfen keine Entlassungen vorgenommen werden.
Mit der 1. Notverordnung des Reichspräsidenten Paul von Hindenburg zur Sicherung von Wirtschaft und Finanzen vom 1. Dezember 1930 steigen die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung auf 6,5 Prozent. Einen tiefen Eingriff in die soziale Lage stellt die 2. Notverordnung zur Sicherung von Wirtschaft und Finanzen vom 5. Juni 1931 dar. Zur Begründung legt der Reichskanzler dar, dass der katastrophale Abzug der Devisen nicht anders zu verhindern sei. Angesichts der "deutschen Notlage" sei "ein anderer Weg" nicht möglich, betont der Reichsarbeitsminister. "Um ein größeres Unglück zu verhindern", hebt der Reichsminister für Finanzen hervor, ist kein anderer Ausweg möglich. An die Atlternativlosigkeit glaubt Theodor Leipart (1931) (ADGB) nicht, weshalb er erklärt: Die Notverordnung von 5. Juni 1931 führt ins Chaos. Bei In-Kraft-Treten am 1. Juli 1931 werden von ihr etwa 10 Millionen Menschen betroffen sein. Die Arbeitslosenfürsorge für die Saisonarbeiter wird um 50 Prozent in ihren Bezügen herabgesetzt. Als äußerst gefährlich schätzt der Gewerkschaftsmann die Herausnahme der Jugendlichen aus der Betreuung ein. Eine sehr unsoziale Maßnahme sei ebenso die Aufhebung der Lohnsteuerrückerstattung. Viel böses Blut bringt die Bestimmung über die Kürzung der Bezüge der behördlichen Angestellten bei Ländern und Gemeinden. Vorgesehen ist eine Senkung der Renten für Invalide und Kriegsgeschädigte sowie der Unterstützungssätze für Arbeitslose um 6,3 bis 14,3 Prozent. Theodor Leipart spricht sich für die Einberufung des Reichstages aus. Dies schaffe ein Ventil für (die zu erwartenden) Unruhen. Gibt man den Unzufriedenen keine Möglichkeit, "würden sie unfehlbar zu den radikalen Parteien, und zwar zu den Kommunisten, abwandern". Im Resultat der Brüningschen-Notverordnung vom 5. Juni 1931 geraten noch mehr Erwerbslose in Bedrängnis. Unbestechlich zieht der Volksbote (Zeitz) am 30. Juni 1931, also einen Tag vor Inkrafttreten Bilanz:
Zunächst erhalten Arbeitslose für 26 Wochen Stütze. Am 14. Juni 1932 senkt eine weitere Notverordnung den Leistungsanspruch auf 6 Wochen. Danach springt die Krisenfürsorge ein. Im Anschluss erfolgt allenfalls die Zahlung einer Wohlfahrtsunterstützung. Die Erwerbslosigkeit beschwert den Alltag der Betroffenen und deren Familien, berührt und verletzt ihren Stolz und ihre Selbstachtung, wovon das Geschehen erzählt, was Kriminalsekretär Scholz am 8. Oktober 1931 dokumentiert:
"Die Gesetzgebung mit Hilfe von Notverordnungen hat u.a.", beobachtete die Leipziger Volkszeitung im Oktober 1932, "auch die üble Folge gehabt, unsere Arbeitslosenstatistik in heillose Verwirrung zu bringen. Wenn die Arbeitsämter monatlich zweimal ihre Zahlen über die Arbeitslosigkeit veröffentlichen, weiss alle Welt, dass diese Zahlen nicht stimmen. Am besten wissen das die Gemeinden, auf deren Fürsorge die Arbeitslosen, die von der Statistik der Arbeitsämter nicht erfasst sind, abgeschoben werden. Das Konjunkturforschungsinstitut macht nun den Versuch, die tatsächliche Zahl der Arbeitslosen zu ermitteln, und es kommt zu dem Schluss, dass unsere Arbeitslosenstatistik ganz vorsichtig gerechnet, rund 1 ¾ Millionen Arbeitslose unterschlägt." (Verschwundene Arbeitslosigkeit) Aus den Notverordnungen resultieren für die betroffenen Haushalte schwere finanzielle, wirtschaftliche und soziale Einschränkungen.
Die politische Auseinandersetzung zwischen SPD und KPD zur Arbeitspolitik nahm harte Formen an. Den Sozialdemokraten ist das Geschimpfe der KPD über. Fast jeden Montag schwingt sich, teilt der Volksbote (Zeitz) am 6. November 1930 mit, Schuster Erich König, Naumburg, Marienstrasse 20, von der Kommunistischen Partei, auf die Brüstung der Umzäunung vor dem Arbeitsamt Naumburg und hält eine Vorlesung aus dem "Klassenkampf", dem Organ der Bezirksleitung der KPD Halle. Sie besteht fast immer in Wüsten Schimpfereien auf die Sozialfaschisten. "Nur einige Stehbrüder, die sich vom Arbeitsamt nicht trennen können, zählen zu der königlichen Kundschaft und begeistern sich an dessen wüsten Schimpfereien." Aber die Meisten gehen vorbei oder wenden sich ab. Ohne die Gewerkschaften wäre der Lohnabbau, kritisiert die KPD, nicht durchführbar gewesen. Um dies nachzuweisen, zerpflückte sie beispielsweise das Referat von Alwin Brandes (1866-1949), das er am 22. August 1932 in Dortmund auf dem Verbandstag der Metallarbeiter vor 283 Delegierten hielt. "Das ganze Bestreben der Verbandsbürokratie geht dahin," rekapituliert Die Rote Fahne (Berlin) am 24. August 1932, "den Verbandstag dazu zu benutzen, um die Metallarbeiter von den entscheidenden Fragen des Kampfes in den Betrieben und auf den Stempelstellen abzulenken." 1930 sprach der führende Funktionär der Metallarbeiterbewegung, so der Generalvorwurf, noch von den kranken Auswüchsen des Kapitalismus, jetzt ist er völlig auf den reformistischen Kurs eingeschwenkt.
Franz braucht eine Chance! nach oben
Franz Feller, Große Neustraße 3, erhält vom Dietrich-Plan Kenntnis und wendet sich am 18. November 1931 mit einem Brief an die Stadtverwaltung. Mit liebevoller und gediegener Handschrift setzt er folgende Worte:
In diesem Brief spiegelt
sich die Lage der arbeitenden Klasse in Naumburg, die typischen Sorgen
und sozialen Hoffnungen des Werkmannes. Über
alle Schwierigkeiten hinweg besteht eine tiefe Sehnsucht nach einem selbstbestimmten
Leben. Die Demütigung und Verletzung durch die Erwerbslosigkeit werden
sichtbar. Franz
Feller kann mit seiner Familie für ein wirtschaftlich sicheres Leben
gewaltige soziale Kräfte mobilisieren.
Öffentliche Moral und der Freitod von Hugo Christel nach oben Schon immer diskutieren die Bürger auf dem Markt, in den Gassen oder an den Stammtischen über den Arbeitswillen des Erwerbslosen. Als konservativer Politiker befürwortet am 14. Februar 1919 Arthur Graf von Posadowsky-Wehner in der Nationalversammlung die Einführung einer Arbeitslosenversicherung, besteht aber darauf:
Vierzig Arbeitswillige nehmen im ersten geschlossenen Arbeitslager, hiess es im Oktober 1932 in diversen öffentlichen Mitteilungen, ihren Arbeitsdienst auf. Es ging hierbei um die Sanierung Grochlitzer Gries (siehe unten). Arbeitswillige? Was für eine Verhöhnung von Tausenden Naumburgern, die in der Wirtschaftskrise 1929/32 arbeitslos wurden und so entscheidende Momente der Selbstbestimmung über ihr Leben verloren. In dieser Weise zirkulieren während der Weltwirtschaftskrise 1929/32 in der Naumburger Öffentlichkeit verstärkt Begriffe wie Arbeitswillige, Arbeitslager und Freiwilliger Arbeitsdienst (FAD), womit das sozialökonomische Problem der gesellschaftlich verursachten Verhinderung von Arbeit in der Öffentlichkeit kaschiert wird. nach oben Freilich nahm es die öffentliche Meinung anders wahr. Ihr Urteil gründete sie weniger auf Tatsachen als auf Klatsch und Gerüchte. So oder so ähnlich hörte man die Menschen sprechen: "Stadtv. Manthey hat in der Praxis verschiedentlich Erfahrungen gemacht. So kam es vor, dass krank Gemeldete zum Tanzen gingen, ein Herzkranker hat dann sogar eine Flasche Wein im Ratskeller getrunken." (Neuordnung) Es drang im April 1926 bis in die Stadtverordnetenversammlung:
Das kam oft nicht ungelegen, verdeckt es doch die Hilflosigkeit, sprich den Rückzug der Gemeinde auf die Verwaltung der Arbeitslosigkeit. Zwei Ereignisse im Nachbarort Bad Kösen (Zahlen) bieten etwas Einblick die öffentliche Moral und Vorurteile gegenüber den Erwerbslosen.
Im Sommer 1931, erinnert sich Bürgermeister Max Schuster (Eckartsbergaer Straße 9) ein Jahr später, kam er gegen Ende der dritten Nachmittagsstunde auf dem Wege zum Rathaus in der Lindenstraße 9 des kleinen Kurstädtchens an einem Erdhaufen mit zwei Schaufeln vorbei. Offenbar hatten hier zwei ihre Arbeit verlassen. Er setzt seinen Weg fort und begegnet bald den städtischen Arbeiter Oskar Grau (Eckartsbergaer Straße 8), der ihm die Namen der zwei weggelaufenen Pflichtarbeiter nannte und vergisst nicht hinzuzufügen:
Der Stadtobere beauftragte ihn, die Schaufeln bei der Polizei (!) sicherzustellen. Als die Pflichtarbeiter zurückkehrten, die nach Mitteilung der Arbeitslosenzeitung von 1932 lediglich ihre Notdurft erledigten, fanden sie die Schaufeln nicht mehr am Platz vor. Freilich kümmerte es sie nicht weiter und beenden die Arbeit. Das erscheint ziemlich belanglos. Aber die symbolische Form der Kommunikation zwischen Bürgermeister und Pflichtarbeiter enthält Unangenehmes, besonders nicht ausgesprochene Vorhaltungen. Mit Übergabe der Schaufeln an die Polizei missbilligt Schuster die Handlungsweise der zwei Handarbeiter, was bei jenen ärgerliche Gefühle und innere Abwehr hervorruft. Sie verlassen für diesen Tag die Arbeit. Über diesen Vorfall berichtet im März 1932 die Handzeitung Der Arbeitslose (Nummer 10) aus Halle unter der Überschrift:
Daraufhin stellt Bürgermeister Max Schuster gegen den Redakteur der Arbeitslosenzeitung wegen Beleidigung und Verbreitung unwahrer Tatsachen einen Strafantrag. Für den 6. Dezember 1932, so besagt es die letzte Nachricht dazu, wird der Zeitungsmann Paul Bantau aus Halle wegen "Beleidigung" vor das Amtsgericht Naumburg (Markt 7, Zimmer 24) geladen.
Der zweite Zwischenfall ereignet sich im Herbst 1931 ebenfalls in Bad Kösen.
erzählt Gottfried Kormann im Buch Vom heldenhaften Klassenkampf der Arbeiter Bad Kösens (1954). Sie geht so weiter:
Folgendes war geschehen: Bürgermeister Max Schuster tritt am 6. Oktober 1931, gegen 3 Uhr aus dem Friseurgeschäft Schauerte (Karl Schauer, Grüne Gasse 4) und will in die Borlachstraße gehen. Da trifft er auf Hugo Christel, der ihn urplötzlich, mehrfach und heftig mit einem harten Gegenstand, wahrscheinlich ein Schlagring, auf den Kopf und linken Arm schlägt. - Sofort läuft ein warmer Blutstrahl über seinen Rücken. Eine Kopfader ist getroffen. Mit einer Hand gelingt es ihm, den Wütigen an der Kehle zu fassen und zu befreien. Dann bricht er auf der Straße zusammen. Maurermeister Erich Oberländer (Borlachstraße 45) bringt ihn zum nächsten Arzt, Dr. med. Erich Blenkle (Lindestraße 9). "Dieser Vorfall hat in der Bürgerschaft allgemeines Mitleid erweckt", berichtet das Naumburger Tageblatt am 7. Oktober 1931, "zumal der Bürgermeister sich großer Beliebtheit erfreute." (Vgl. Max Schuster, Überfall 7.10.1931, Vorladung von Bantau 6.12.1932) Schon am Tag darauf verhaftet die Polizei den Arbeiter Hugo Christel, geboren am 12. Februar 1901 in Schulpforta. Nach dem Krieg bringt die Liberal Demokratische Partei Deutschland dem ehemaligen Bürgermeister Vorwürfe der Kösener Parteileitung der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands mit "verleumderischen Angaben" zur Kenntnis. Daraufhin klärt Max Schuster am 13. Februar 1947 den Bürgermeister von Bad Kösen per Brief über das Tatmotiv von Hugo Christel auf:
Christel wählt am 8. Januar 1932 im Gefängnis von Naumburg (Roonplatz 5) den Freitod. Seine Beerdigung erregt in und um Bad Kösen einige Aufmerksamkeit. Auf Grund einer Vielzahl von Anreisenden, fühlte sich der Gendarmerieobermeister der Sachlage anscheinend nicht gewachsen und hat von sich aus, also ohne mein Zutun, schreibt Max Schuster, ein Landjägerkommando befohlen. Wichtige Umstände und Motive des Handelns der Akteure, also speziell die von Hugo Christel, sind nicht sicher überliefert, was dem umfassenden Verstehen der Ereignisse Grenzen setzt.
Die Herberge zur Heimat nach oben
Die Herberge zur Heimat (Neuengüter) besteht etwa seit 1880. [zurück] Hier logieren Wanderer, Lehrlinge, Gesellen, Vagabunden, Saisonarbeiter, Obdachlose und Hausierer. Neben der Reinigung des Hauses, übernahmen die Gäste das Kochen eines einfachen Essens, beschafften Holz für die Heizung und bauten auf dem zum Haus gehörenden Acker Kartoffeln und Gemüse an. Für die Kosten kam der Staat mit einem Zuschuss in Höhe von einer Reichsmark pro Übernachtung auf. Demungeachtet war die Aufenthaltsdauer begrenzt. Die Wander-Arbeitsstätte nahm im August 1921 59 Männer mit 138 Verpflegungstagen kostenlos auf. Außerdem übernachteten hier weitere 282 Selbstzahler und an 1187 Nächten Arbeitsgesellen. 1932 bot die Herberge zur Heimat 2 232 Personen eine Unterkunft. Mit dem Rückgang der Arbeitslosigkeit und der Einführung des Reichsarbeitsdienstes sinkt 1934 ihre Zahl auf 817. Im Krieg sind hier Kriegsgefangene untergebracht. Die Bettelei, seufzte 1933 der seit zwei Jahren regelmässig mit 8 500 Exemplaren erscheinende Naumburger Kirchenbote, ist eine Landplage. Viele Bürger hegten Vorbehalte gegenüber Nasenkönig, Hinkenden Baron, Schönen Leo, Schlesier, Doktor Marbuse und Zinkenfritz. Aus Anlass des Stuttgarter Vagabunden-Treffens im Mai 1929 erinnerte die Thüringer Allgemeine Zeitung daran, dass sie öfter eine nicht immer von ihren Mitmenschen angenehm empfundene Sonderbesteuerung erheben. Doch es gab Zeiten in Deutschland, da wurde es nicht als etwas Besonderes angesehen, wenn ein junger Mann an der Tür nach etwas Essen fragte. In der Gabe von einem Stück Brot für den Fremden sah man etwas Selbstverständliches. Er war ja auf Wanderschaft. Oft rückte der Familienvater dazu noch einen Groschen heraus. So war es Harry Wilde (1889-1978) [1, 2, 3, 4], Christrevolutionär, Organisator des Stosstrupps (Lisa Tetzner) vom Sommer 1920 und Piscator-Schauspieler, in guter Erinnerung:
In den zwanziger Jahren zogen täglich mehr Vagabunden, Walz- und Tippelbrüder umher. Ihre Zufriedenheit und ihre Freiheitsliebe versetzte den Maler und Fotografen Walter Hege (1893-1955) in Erstaunen. "Die Kirschpflücker", die einst so gerne im Sommer nach Naumburg zur Ernte kamen, erzählt er in den Jugenderinnerungen, "waren meist Handwerksburschen und noch mehr Tippelbrüder". Es sind "Gestrandete Menschen, die einst bessere Tage gesehen hatten, Kerle die sich gegenseitig bestahlen, ein buntes Kaleidoskop menschlicher Schicksale." "Die Lebenserneuerung sucht er nicht im Ganzen der Kultur, sondern in einem Teile, den er für das Ganze hält", merkt zur Lebensart des Vagabunden der weithin bekannte Lehrer und Sozialpfleger Karl Hemprich [1, 2] (8) tiefsinnig an. Friedrich Muck-Lamberty erzählt 1929 (8-10), die Walzbrüder waren Menschen, die "trotz aller Ungebundenheit des äusseren Lebens ein einfaches starkes Leben führten, und sich schulten für die weitere Lebensarbeit." Sie ".... mochten andere Gegenden, Menschen, Bräuche, Sitten, Speisen und Feste kennen lernen." ".... wenn sie in die Werkstatt kamen, der Meister sie genau musterte . Eine tüchtige Hausfrau sie gleich einlud . " "Welcher reicher Gedankenaustausch untereinander, welche Gedankentiefe über Heimat, Volk, Staat, Recht, Brauch und Sitten" habe ich da vernommen.
Mit der Verarmung breiter Schichten infolge der Hyperinflation und Massenarbeitslosigkeit kam dies nach dem Ersten Weltkrieg ausser Brauch. Tausende zogen über die Landstrassen. Schätzungen sprachen von bis zu zwei Millionen Jugendlichen, die ohne Arbeit und von der Erwerbslosenfürsorge ausgesteuert, durch die Not zu Hause auf die Strasse getrieben. (Vgl. Wilde 268) Die Gesellschaftsmoral gegenüber den Schwachen, Gebrechlichen und Kranken änderte sich. Zugleich übernahmen mit der Verordnung über die Fürsorgepflicht von 1924 öffentliche Stellen die mitmenschliche Hilfe. Um die Familien der Kriegsteilnehmer kümmerte sich die Kriegswohlfahrtspflege. Mittlerweile stand die öffentliche Meinung den "Menschen in Lumpen und Loden" (Hans Tombrock) reserviert, abweisend und nicht selten feindlich gegenüber, tendierte nicht in Richtung Karl Hemprich oder Friedrich Muck-Lamberty, sondern stigmatisierte sie als Taugenichtse und Asoziale. Selbstverständlich bestanden solche Vorbehalte auch in sozialistischen und kommunistischen Kreisen. Als die Tippelbrüder sich am 6. Juli 1926 vor der Wiener Stephanskirche zwecks Besprechung ihrer Angelegenheiten verabredeten, reagierte eine sozialistische Tageszeitung auf den Treff des Weltbundes der Tippler mit der Warnung:
Gemäß dem Amtlichen Entwurf eines Allgemeinen Deutschen Strafgesetzbuches von 1925 sollte der Landstreicher auf Grundlage § 378 Betteln, § 380 Umherziehen in Banden und § 381 Arbeitsverweigerung in das Arbeitshaus eingewiesen werden. Widerwillig nahmen es die Vagabunden auf und antworteten 1929 im Aufruf "Generalstreik das Leben lang! .... ":
Jede
Arbeit ist Mithilfe an der Die Zeitschrift "Der Kunde", Jahrgang 1928, Nummer 9/10, kündigt für 1929 in
an. Es beginnt, was Oskar Maurus Fontana (1929) den Amoklauf gegen die Wände der Gesellschaft nennt.
Vom bevorstehenden Besuch der Habenichtse waren die betreffenden kommunalen und staatlichen Stellen freilich nicht erbaut. Als das Polizeipräsidium Stuttgart Abt. IV./6. Württ. Landeskriminalamt von dem Vorhaben erfährt, warnt es am 13. Dezember 1928:
Fünfzehn Tage später unterrichtet das Städtische Nachrichtenamt Stuttgart die Hauptschriftleiter der regionalen Zeitungen über den Internationaler Europäischen Vagabundenkongress und bittet sie,
Ihr Anspruch auf Zeitsouveränität wohnte die Potenz der moralischen Zerstörung der Arbeitsordnung inne, was das Produktionssystem gefährden konnte. So war das 1918 mit dem Volksstaat Württemberg nicht gemeint. Oder sollten etwa "diese mit Bindfäden geknitterten Lumpenbündel Stuttgarts saubere Strassen tapezieren"? Also verbot die Polizei den Kongress, was ganz im Sinne der Stadt war. Von Seiten des Polizeipräsidiums, woran Torsten Schöll am 23. Mai 2019 in der Stuttgarter Zeitung erinnert, "nahm sich der spätere württembergische Gestapo-Chef und Massenmörder Friedrich Mußgay der Sache an, der zu dieser Zeit schon den Ruf eines Kommunistenjägers hatte. Verwundern tut die feindliche Haltung großer Teile der bürgerlichen Gesellschaft gegenüber den Vagabunden nicht. Von jeher erlag sie doch der Versuchung in den Sozialisationsprozess der Landstreicher, Außenseiter und Bettler mit Gewalt einzugreifen. Ende 15. Jahrhunderts entsteht mit den einsetzenden wilden enclosures ("Einhegungen", "Umzäunung"), die mit Blut und Gewalt durchgeführte Privatisierung des früheren Gemeindelands, das frühkapitalistische Vagabundentum. Zunächst wurden die "Väter der jetzigen Arbeiterklasse" für die ihnen angetane Verwandlung in Vagabunden und Paupers gezüchtigt. John Locke, Absolvent der Westminster School und des Oxford College, verfasst 1699 den "Plan zur Beseitigung der Arbeitslosigkeit". Die Ursache für die Zunahme der Armen erblickt er weder "in einer Knappheit der Lebensmittel noch in einem Mangel an Beschäftigungsmöglichkeiten", womit sie "einen anderen Grund haben" muss. "Und sie ist nicht anders zu erklären als durch die Lockerung der Zucht und Verderbnis der Sitten ....". "Bezüglich einer wirksameren Bekämpfung herumlungernder Vagabunden empfehlen wir jedoch in aller Bescheidenheit, daß zusätzlich ein neues Gesetz erlassen werde, kraft dessen verfügt werden soll", daß unbedingt das Betteln unterbunden wird und bei Zuwiderhandlung sie dem Friedensrichter vorgeführt werden und eine angemessenen Züchtigung erhalten." "Die Gesetzgebung behandelte sie als "freiwillige" Verbrecher", schildert Karl Marx in den Grundrissen der Kritik der politischen Ökonomie (631) ihre Existenzbedingungen, "und unterstellte, daß es von ihrem guten Willen abhänge, in den nicht mehr existierenden alten Verhältnissen fortzuarbeiten". Deshalb war der Eigentumslose mehr geneigt, Vagabund, Räuber und Bettler, als Arbeiter zu werden. "Sie müssen erst gezwungen werden, zu dem vom Kapital gesetzten Bedingungen zu arbeiten." Während der Kapitalismusanalytiker die Geburt des modernen Vagabunden aus der "Volksexpropriation", den fortgesetzten Diebstahl mittels dem Gesetz für die Einhegung des Gemeindelandes (Bills for Inclosures of Commen), also aus dem Verhältnis von Lohnarbeit und Kapital herleitet, wirft Carl Zuckmayer 1923 Schlaglichter auf ihre Biographie. Er entdeckt typische Karriere-Muster von der "Brotrinde zum Hering" - keinen Vater - Mutter ein Dienstmädchen - Kindheit im Findelhaus - Leben in Kneipen, auf den Müllhaufen und in Güterbahnhöfen.
Jim Tully (1886-1947) kennt die Geier, den Einbrecher, oft mit Heroin assoziiert, und die Flinken. Landstreicher sind, schildert er 1931 in einem Aufsatz seine Erfahrungen, sind Menschen mit schlechtem Charakter und abwegigem Geist, die ruhig und oftmals grausam. Wenn er schießt, dann um zu töten. Wohl sind die Landstreicher vom Killesberg nicht die Bekannten von Jim Tully oder die Typen des Elends und der Hoffnungslosen aus Gorkis "Nachtasyl" (1902). Doch kennt die deutsche Szene ebenfalls viele Charaktere, zum Beispiel Abenteurer, Arbeitslose, Weltenbummler oder Künstler-Vagabunden. Die Neulinge heißen Äffchen, oftmals auch Tippelbrüder. Die Erfahrenen, also über Vierzigjährigen, nennt man Speckjäger. Immer rastlos, begierig auf die neue Welt, streifen sie umher, suchen nach dem Anfang des Regenbogens. Es sind Menschen, wie Rudolf Geist (1900-1957) am ersten Tag des Stuttgarter Treffens erklärt, ohne Weltgesetz, die ganz losgelöst von der Materie und ihren inneren Trieben heraus handeln. Hauptsache keine Gleichförmig- und Eintönigkeit! Zu eng ist ihnen, das bürgerliche Leben. Die Erzählung Der Landstreicher von Maxim Gorki (*1868) vermittelt tiefe Einblicke in ihre Lebensumstände, Kultur, moralische Ansichten und Psychologie. Als prototypisches Exemplar stellt uns der Dichter den Vagabunden Pawel Ignatjew Promtow aus Petersburg vor. Ihm wird die Frage angetragen: "Wie sind Sie auf diesen bösen Pfad geraten? Aus Liebe zum Schnaps vielleicht?". Worauf er erklärt: Ja das kann wohl auch ein Grund sein. Aber ".... ich glaube, ich bin ein Mensch, dem das Leben nicht weit genug ist. Das Leben ist eng, und ich bin weit." Lang hielten es die Tippelbrüder nie an einem Ort aus. Nirgends finden sie ihren Platz. Haben sie etwas Geld, ziehen sie weiter. So wird es schwer, wenn nicht unmöglich, sie politisch zu organisieren. Zudem schien den meisten Heimatlosen, die sozialen Kräfte und Fähigkeiten zur Gestaltung eines Arbeitslebens abhandengekommen. Dafür verfügen sie, von der Natur verliehen, über die Kraft des Entbehrens. In Russlands waren in den Dörfern und Städten viele von ihnen ohne Arbeit. Scharen von Vagabunden, heisst es 1903 (369) in einer Agitationsschrift der russischen Sozialdemokratie für die Bauern, "hausen wie die Tiere in Erdhütten der städtischen Vororte oder in so furchtbaren Elendsquartieren und Kellerlöchern, wie sie am Chitrowmarkt in Moskau, zu finden sind." Nicht wenige waren , erzählt Maxim Gorki, "geistig tot". Es sind Menschen, die "alle Selbstachtung verloren", "die kein Urteil über sich hatten und von Tag zu Tag tiefer sanken". Hart macht sie das Leben. Ihre moralische Maxime verkündet der scharfsinnig, selbstsicher und entschlossen auftretende Pawel Ignatjew Promtow: "Was geht es mich an, wenn ein fremder Buckel Prügel kriegt." Mit mir zeigt auch keiner Mitleid. "Es gibt nur ein Gesetz, und das bin ich selber!", lautet die Rechtfertigung für all die boshaften und lächerlichen Dinge, welche sie auf ihren Touren geschehen lassen. "Sein Blut ist", sagt Carl Zuckmayer (1896-1977), "nicht durch den Filter der Zivilisation, der Bildung, der gesellschaftlichen Moral verdünnt." Jim Tully wirft ihnen 1931 vor: "Die Landstreicher sind primitiv, lassen sich in ihren Handlungen mehr von Illusionen als von der Vernunft leiten." Schauspieler Charlie Chaplin agiert 1931 in der stumm gedrehten und mit einer Musikspur versehenen Tragikomödie "Lichter der Großstadt" als Gegenfigur zum kriminellen Vagabunden. Verliebt in ein Blumenmädchen, will er ihr Geschenke machen, nimmt eine Arbeit an und verliert sie gerade in dem Moment, als sie erkrankt. Da regt sich in ihm sein Mitgefühl. Um die notwendige Augenoperation zu finanzieren, muss er Geld verdienen. Der Charakter mit tiefer Seele steigt in den Boxring und verliert. Eine nette Geschichte. Nur Landstreicher denken anders. Wie war es denn, als Maler Hans Tombrock (1895-1966) dieses wunderschöne, feingliedrige, blonde Geschöpf kennenlernte? Sie brachte ihm Sympathie entgegen. "Ich Narr," sinniert der Mitbegründer der Bruderschaft der Vagabunden 1928, "fiel darauf herein und kehrte zum bürgerlichen Leben zurück, gerade da, wo ich anfing, so ein froher, freier Lump zu sein." "Am Ende dieser Welt steht ein Irrenhaus. Dahinter beginnt die Landstrasse," verheisst 1927 Gregor Gog in die Philosophie der Landstrasse, "die in die Unendlichkeit führt. Wohlan!"
Ist das die Vagabunden-Wahrheit? Jim Tully (*1886), seinerzeit der meist gehassteste Reporter Hollywoods, Faustkämpfer und Schriftsteller, porträtiert 1931 die Hobos. Ihre Heimat sind die Eisenbahnhöfe, Feuerlöschteiche und Abstellgleise der Güterwagen. Unterwegs hinterlassen sie öfters codierte Nachrichten, meist mit Kreide geschrieben. "Nr. 27" bedeutet: Vorsicht! Hier arbeiten Eisenbahndektive und Zugführer Hand in Hand. Der berühmteste unter ihnen, Josiah Flint startete seine Karriere in einer Besserungsanstalt, wo er wegen eines Pferdediebstahls hineinkam. "Er starb im Jahre 1907 als kleines vertrocknetes 38jähriges Männlein, ein Sklave des Nikotins, verbrannt vom Feuer seiner Abenteuerleidenschaft". Kurz vor seinem Tod besuchte ihn Jim Tully in Chicago. Flints Abschiedsworte an ihn waren:
Gregor Gog und die Gruppe mit Maler Hans Tombrock, Arbeiterdichter Heinrich Lersch, Rechtsanwalt Doktor Philipp Hainz (Stuttgart) und Pfarrer Jakob Weidemann (Zürich) wollen die Ausgestossenen der Industriegesellschaft moralisch rehabilitieren, ihre sozialen Kräfte wecken und freilegen. Hans Prager (Wien) lobt am 4. Mai 1929 im Vorwärts (Berlin) das Vorhaben als ersten Versuch "eine Menschenwelt zusammenzufassen, die uns bisher als Gesamtheit fremd geblieben ist". Parallel zum Treffen eröffnet am 21. Mai 1929 das
ihre "Vagabunden-Kunstausstellung". Ausgestellt werden Werke von Hans Tombrock, Hans Bönnighausen, Gerhart Bettermann, Alfred Matusche, Artur Streiter, J. Mihaly, J. Voss, Max Ackermann, Kh. Bodensiek, Otto Heim und Thedor Walz. Dies unterstützt und wertete das Rendezvous der Außenseiter auf, indem es ihrer Lebensart einer allgemein menschlichen Deutung unterzieht.
21. bis 23. Mai 1929
Oben im Akazienwäldchen beim Weissenhof, 5 Minuten hinter der Kunstgewerbeschule, im Garten der Freidenker, begrüsst Gregor Gog
die Kunden. Erst ein paar Floskeln und dann der Plan für die nächsten Tage. "Es riecht nach Schweiss und ungewaschenen Füssen". "Die Hemden der Naturapostel gleichen sich in der Farbe dem Erdboden an: von Tag zu Tag mehr." Dreck muss offenbar zu ihrer Naturphilosophie gehören, bemerkt der Korrespondent der Arbeiter-Zeitung aus Wien. Die Stimmung war gut. Selten, registrierte eine österreichische Zeitung, dürfte Götz von Berlichingen in einem so kurzen Zeitraum so oft zitiert worden sein wie an diesem Nachmittag auf dem Killesberg. Andere Journalisten beargwöhnen die Gegenwart einiger Rot-Front-Leute. Da haben wir´s also: Ein Schützenfest unter moskowitischer Tünche! - und nichts weiter, höhnte die Süddeutsche Zeitung. Wusste denn die bürgerliche Presse nicht, dass sich der König der Vagabunden dagegen wehrte, als Unterabteilung der KPD einverleibt zu werden? Mit den Vagabunden wandert, dachten viele Bürgerliche, der Sozialismus daher. Sollte man die Stuttgarter nicht davor warnen? Sollte man es Jefersen Davis gleichtun? Der Präsidenten des Vagabunden-Kongresses in New Orleans zögerte im Februar 1913 nicht, den Sozialismus als Feind der Vagabunden anzuprangern. Dort muss, warnte er eindringlich, jeder Mensch einer regelmäßigen Arbeit nachgehen, was die Freiheit des Individuums einschränkt und den freien Willen vergewaltigt. Tatsächlich drang im April 1920 vom Dritten Gesamtrussischen Kongress der Gewerkschaften die Nachricht nach Deutschland, dass Leo Trotzki die Zwangsarbeit als unabdingbare Notwendigkeit für den Aufbau der Sozialismus forderte. G r e g o r G o g hebt zur Rede an und klagt an: "Was will die Bruderschaft?" Wütend schleudert er der bürgerlichen Gesellschaft ins Gesicht:
Im Anschluß an Grog´s Rede begannen die Vorträge. Heinrich Lersch eröffnet den Reigen mit "Der Kampf um die Freiheit". Was er sagte, war mehr ein Lob auf die Freiluftkultur, die er selber über fünf Jahre auf dem Weg durch Wald und Wiesen genoss. Auf ihn folgte Willi Hammelrath mit dem Vortrag "Kapitalistische Gesellschaft und Kunde", eine Lobpreisung der Vagabundenkultur. Danach unternahm Arbeiterdichter Rudolf Geist mit dem Publikum einen Spaziergang durch die Wolken, den viele nur schwerlich verstanden haben dürften, wie Teilnehmer bezeugten. Für ihn war der Kunde ein revolutionärer Agitator, der die Weltrevolution voranbringt. Begeisterung flammte auf, als er den verspiesserten Idealbürger karikierte. Rechtsanwalt Doktor Philipp Hainz aus Stuttgart kritisierte in seiner Rede, dass die Menschheit in einem ungesetzlichen Zustand lebt. Wer das ändern will, der muß die Partei wählen, die für die geknechtete Menschheit eintritt. Die Versammlung ernannte ihn zum Anwalt aller Vagbunden. Prompt reagiert die Stuttgarter Presse auf seinen Auftritt ziemlich giftig. Dann tritt Studienrat Roltsch aus Weimar vor die Versammlung und führt Beschwerde über das Herbergsgeschäft: Oft sind die Unterkünfte unsauber und die Nahrung schlecht. Gegen Ende seiner Laufbahn, ihn sagte der Verkehr mit den Kollegen nicht mehr zu, gab er das Lehramt auf und verzichtete auf die Pension. Das ererbte Vermögen verschlang die Hyperinflation. Seit Anfang 1928 tippelt er durch West- und Norddeutschland. Insgesamt sechstausend Kilometer. Pfarrer Doktor Jakob Weidemann wandte sich gegen den Vorwurf einer seiner Vorredner, dass die Diener der Kirche "vollgefressene Bäuche" seien. Die Replik galt wahrscheinlich Gregor Gog, von dem die Passage überliefert ist: "Die Kirche ist der Zuhälter dieser Welt. Der Staat ist der Zuhälter. Unser Feind ist die Kirche." Bei anderer Gelegenheit kulminierte es im öffentlichen Vorwurf, dass sie Gott lästere, was ihm eine Anklage einbrachte. Manchmal schien es so, als ob das Bürgertum ihn den Hass auf die Kirche mehr verübelt als die Arbeitsverweigerung. Jakob Weidemann stört sich daran, dass viele Anwesende in Gefahr, der Vagabundendogmatik zu verfallen, durch die sie sich der Sozialdemokratie und den Kommunisten annähern. Marx und Lenin seien aber keine Führer für sie. Eher Gustav Landauer, "der die Sinnlosigkeit des bürgerlichen Daseins erkannt und die Wege gewiesen habe, die für den rechten Vagabunden in Betracht kämen." Nach Bericht des Tagblatts aus Graz schloss der Schweizer Gast mit dem Satz: "Ihr seid keine Taugenichtse, sondern dazu berufen, Wegweiser auf jungfräulichen Wegen des Lebens zu sein, die zur steten Erneuerung des Menschengeschlechts führen." Am 21. Mai waren noch nicht so viele gekommen. "Woher sollen die Kunden, die auf den Landstrassen Europas von Westen nach Osten und von Norden nach Süden durchziehen" auch wissen, fragt die Arbeiterzeitung aus Wien, "dass es in Stuttgart ein grosses Landstreichertreffen gibt?" In Stuttgart warteten die "bezahlten Lakaien des Eigentums", wie Hans Tombrock (1928) die Polizei nannte, die ihre Pflicht erfüllen wollen. Konnte sie der Tripp vielleicht um ihre Freiheit bringen? Oder witterten die Kunden vielleicht den Berufsmenschen? Fürchteten sie hinterm Zaun des Jugend-Gartens die Gespenster der Verantwortung? Wieviel waren sie denn nun? Zwischen zwei- und dreihundert, registrierten die Vertreter der Presse. Abweichend davon titelt am 22. Mai 1929 die Redaktion einer Zeitung den Aufsatz von Richard Nieburg mit: "Der Kongress der 3000 Landstreicher". Etwas löst sich das Wirrwarr der Zahlen auf, wenn man berücksichtigt, dass am zweiten Tag vielmehr anrückten, die Richtigen und Sorglosesten unter ihnen, die Tippler und Stromer.
Unter den aktuell zwei- bis dreihundert Teilnehmern entdeckten die Sozialisten hier oben im Akazienwäldchen beim Weissenhof den braven Arbeiter, den die lange Arbeitslosigkeit auf die Strasse gebracht. "Mehr Neugier hat ihn in diese Gesellschaft getrieben. Er brauchte sie nicht", weiss die Arbeiter-Zeitung. "Wenn er wandern will, dann hat er seine Gefährten, und er ist stolz auf sie und trägt ihr Wanderabzeichen: Das Naturfreunde-Abzeichen." Vertreten ebenso die Christrevolutionären, die seit ihrer Tagung am 14. Juli 1921 hier in Stuttgart im Charlotten-Cafe, gleich neben dem Waisenhaus am Charlottenplatz, ein Zentrum fanden. Ins Auge stechen besonders die anwesenden Wandervögel. Einige von ihnen meinten sogar, dass sie dem Meeting ihr äusseres Gepräge gaben. Eigentliche Obdachlose zählten wir fünfundzwanzig, macht die Verwaltung der Städtischen Fürsorgeanstalten am 24. Mai 1929 Mitteilung. Erschienen war der langbärtige Naturapostel und Prophet Gusto Gräser, Mitbegründer der Kolonie auf dem Monte Verita bei Ascona, gegen dessen Ausweisung sich Rechtsanwalt Doktor Alfred Daniel (*1886) 1915 in "Ein offenes Wort zum Fall Gräser" wandte.
Dass sie, die überall gern dort weilen, wo die Arbeit gestorben, über die Ausnutzung der menschlichen Arbeitskraft sprachen, charakterisierte die Süddeutsche Zeitung als ein moralisches Paradoxon. Blättert man lediglich im Lesebuch der Landstrasse (Stefan Zweig), dann, nicht aber wenn man darin liesst, stellt es sich so dar. Der Gewerkschaftssekretär der Vagabunden, wie sie Gog auch nannten, nutzte die gewonnene Öffentlichkeit, um gegen das kommende Bewahrungsgesetz zu protestieren: Denn damit ".... will man uns Vagabunden, Lumpen, Tagediebe, Faulenzer usw. sesshaft machen durch Zwangsarbeit auf Lebenszeit; in christliche Käfige einsperren. Wir fürchten uns nicht vor dem Zuchthaus .... Wir streben den lebenslänglichen Generalstreik an, und führen ihn solange, bis die Gesellschaft zum Teufel gegangen." Nur so, betont der Aufruf zum Treffen, ist "die kapitalistische, "christliche" kerkerbauende Gesellschaft ins Wackeln, ins Wanken, zu Fall zu bringen!" Wie im Generalstreik-Modus die Befreiung von der Straße erreicht werden soll, blieb - schlicht ausgedrückt - offen. Immerhin arbeitete Hans Tombrock an der Lösung des Problems. "Alles Leben ist im Grunde ein Erleben. Nur kommt es darauf an wie man es erlebt", betont er, womit die Kraft der materiellen ökonomischen Verhältnisse eskamotiert. Jetzt kam es nur auf die Widerspieglung der eigenen Lage im Kopf an. Alles nur Kopfkino, mehr nicht. Eigentlich war es nicht viel, was die Vagabunden von der Gesellschaft erwarteten.
Eine Überforderung! - Zersetzend für
die Arbeitsordnung! - Unzumutbar! - Immerhin hielten die Schwaben durch. Nicht wie im Februar 1913 in New Orleans, als die Polizei das Vagabunden-Treffen nach einem Tag auflöste, weil massenhaft nicht sonderlich vertrauenerweckende " Kongress"-Teilnehmer erschienen waren, die die Bürger beunruhigten. Das Stuttgarter Vagabunden-Treffen war der letzte grosse humanistische Versuch, die Habenichtse, Hungerleider und Landstreicher mit der bürgerlichen Welt auszusöhnen. Von hier zogen die Ideen und Ambitionen der Protagonisten in die Weite und regten Künstler in ihrer Arbeit an. Noch im selben Jahr berichtet Mein Film. Illustrierte Film- und Kinorundschau: "Der Schriftsteller Siegfried Walter Fischer und Siegfried Bernfeld und der Filmregisseur Fritz Weiß haben den Stoff aufgegriffen und zur Grundlage eines Filmmanuskripts gemacht, das "Vagabund" heisst und dessen Handlung zum grössten Teil im Vagabundenmilieu spielt." Es nimmt kaum Wunder, als sich bald nach der Machtübernahme 1933 herausstellte, dass die ordnungspolitischen Vorstellungen der Träger der freien Wohlfahrtspflege mit dem des NS-Regimes übereinstimmen. Zehn Tage vor dem Machtantritt Hitlers tagten in Erfurt die Vertreter der deutschen Landesfürsorgeverbände. Sie halten "zur Bekämpfung der gegenwärtigen im ganzen Reich bestehenden Bettler und Landstreicherplage" "eine polizeiliche und strafrechtliche Verfolgung der asozialen Wanderer für unerlässlich". (Ayaß) Bereits 1933 finden Razzien gegen Bettler und Landstreicher statt, was der Deutsche Herbergsverein, der Gesamtverband der deutschen Verpflegungsstationen und der Zentralvorstand deutscher Arbeiterkolonien am 12./13. Oktober 1933 auf ihrer Tagung in Goslar begrüssen. Pastor Paul G. Braune, Geschäftsführer des Herbergsvereins, befürwortet gar, dass "notorische Trinker", "berufsmäßige Bettler" und "krankhafte Wanderer" zwangsweise im Konzentrationslager untergebracht werden. (Vgl. Schmuhl 1987, 169/170). Bald nach der nationalen Revolution (Adolf Hitler) sperren die Nationalsozialisten die Tippelbrüder und -schicksen, Bettler, Speckjäger und Stromer in die Konzentrationslager. Im Gesellschaftssystem des Nationalsozialismus ist für die Vagabundenkultur kein Platz. Wildes Wandern außerhalb der Hitlerjugend ist unerwünscht. Alle, die diesen rigiden Lebensvorstellungen partout nicht folgen wollen, sind asozial und müssen mit Diskriminierung und Repressionen rechnen. Ihr Schicksal beschreibt Eugen Kogon (1903-1987) in Der SS-Staat - Das System der deutschen Konzentrationslager (1974, 47/48):
Albert Benitz dreht 1949 nach dem Drehbuch von Ernst Keienburg und Rolf Meyer mit den Nachwuchsschauspielern Dietmar Schönherr und Hardy Krüger "Das Fräulein und der Vagabund". Bemerkenswert, was das Filminstitut Hannover hierzu erhoben: "Die katholische Kirche riet in ihrem Filmdienst vom Besuch des Films ab, die evangelische Kirche sprach sich ebenfalls gegen ihn aus und die Regierung des Saarlandes untersagte gar seine öffentliche Aufführung auf ihrem Hoheitsgebiet."
Proteste und Debatten nach oben
Gegen die Wirtschafts-, Spar- und Arbeitsmarktpolitik finden Protestaktionen und Demonstrationen statt. Die Naumburger Stadtverordneten debattieren über die systemische Umgestaltung der Arbeitslosenversorgung und -vermittlung, Bewältigung der Wirtschaftskrise, Haushaltspolitik und Kürzung der Unterstützungssätze für Arbeitslose durch die Präsidialkabinette Brüning, Papen und Schleicher. In ihren Beschlüssen spiegeln sich die politischen Machtverhältnisse der Stadt und die Grundpositionen der in der Stadtverordnetenversammlung vertretenen Parteien wieder. In ihrer Sitzung vom 24. Januar 1929 stellt Walter Fieker (KPD) den Antrag auf Übernahme der Elternbeiträge für die Kinderbewahranstalt. Zur Anerkennung seiner Dringlichkeit findet er keine 2/3 Mehrheit.
Ein Jahr später dasselbe Problem. Karl Marien (SPD) möchte, so sein Antrag in der öffentlichen Stadtverordnetenversammlung am 30. Januar 1930, dass jeder ausgesteuerte Arbeitslose von der Stadt kostenlos ein Zentner Kohle und zwei Zentner Kartoffeln erhält. So beschloss es seinerzeit der Magistrat. Der will diesen aber nicht realisieren, weil die zuständigen Ausschüsse aufgrund der finanziellen Lage der Stadt die Streichung empfehlen. Dies führt zu einer heftigen Kontroverse über die "Sonderunterstützung der ausgesteuerten Erwerbslosen". Marien kämpft weiter, denn die Betroffenen befinden sich in großer Not. Der Stadtverordnete Walter Höhne (KPD) macht den Vorschlag, die Preise für Strom und Gas nach dem Einkommen zu staffeln. So könnte die Stadt zusätzliche Einnahmen erzielen und die Erwerbslosen unterstützen. Aber vor allem, betont der kommunistische Stadtverordnete, müssen Erwerbsmöglichkeiten geschaffen werden. Wir empfinden mit den Arbeitslosen, antwortet Bürgermeister Roloff, aber die Sonderunterstützung kann aus finanziellen Gründen nicht bereitgestellt werden. Hierzu müsste erst eine Deckung vorhanden sein. Stadtverordneter Friedrich Blüthgen (SPD) stellt dann den Antrag, für die Dauererwerbslosen einmalig 15 000 Reichsmark auszuschütten. Auch dies wird mit der gleichen Begründung vom Magistrat zurückgewiesen. Stadtverordneter Hacker von der NSDAP will eine Ankündigungssteuer für ausländische Geschäftsleute sowie die Faschingssteuer einführen und plädiert für die Aufhebung der Steuerfreiheit der Konsumvereine. Bürgermeister Roloff hält diesen Weg für ungeeignet. In Frage kommt nur eine Erhöhung der Gewerbe- und Grundvermögenssteuer. Dagegen spricht sich aber Abgeordneter Hagemann von den Haus- und Grundbesitzern aus. Er prophezeit, dass dies ein Schlag ins Wasser wird. Weil sämtliche Anträge abgelehnt werden, kommt es nach der Abstimmung zu Pfiffen und Unruhe. Stadtvorsteher Eix (Wirtschaftspartei) droht die Räumung des Saales an. Dann beraten die Stadträte doch weiter. Am 5. März 1930 rufen die Zentralkomitees der Kommunistischen Parteien von Deutschland, Frankreich und England die Arbeiterschaft in allen Ländern gegen die Weltarbeitslosigkeit auf. Es soll ein "Weltmarsch der Hungerarmee" (Die Rote Fahne, 6.3.1930) werden. Der "Massensturm gegen den Hunger!" fällt, meldet die Volksstimme (Magdeburg) am nächsten Tag, international wie national bescheiden aus. "Nicht einen Demonstrationszug brachten die Kommunisten zustande." Allerdings steht in der derselben Mitteilung geschrieben, dass in Halle-Ammendorf versucht wurde Demonstrationszüge zusammenzustellen, wogegen aber die Polizei einschritt. Beim Zusammenstoss mit den Kommunisten gab es zwei Tote: Paul Orlick (Döllnitz) und Karl Fröder (Ammendorf) (Leidigkeit/Hermann 1979, 328). Ein Beamter, erklärt der Polizeibericht, musste, als er einen in Gefahr befindlichen Kameraden beisprang, die Waffe einsetzen.
Klägliche
Umzüge, Der Welterwerbslosentag [1931] wurde in Naumburg durch eine KP-Demonstration begangen. Von den mehr als 4 000 Erwerbslosen des Naumburger Bezirks hatten sich aus Naumburg und der weiteren Umgebung ganze 117 Teilnehmer zusammengefunden. Wie die Interessen der Arbeiterschaft durch die KP. gewahrt werden, dafür gaben die Kapisten ein treffendes Anschauungsbild. Die Demonstration wurde von dem vor einigen Wochen wegen Unterschlagung von Arbeitergeldern zu 3 Monaten Gefängnis verurteilten Dathe [richtig: Thate] geführt, den unmittelbar das Werbeplakat der Roten Hilfe folgte. (Wie symbolisch!) Auf dem Markt hatten sich eine Anzahl Neugieriger eingefunden, die den Prophetenworten eines [Erich ?] Königs, [Adolf] Schuster und [Walter] Höhne lauschten. Die Neugierigen erlebten eine Enttäuschung, da die Redner nichts weiter als die alte kommunistische Walze, und dabei noch in einer recht holprigen Weise, herunterleierten. Die Redner wie die ganze Kundgebung selbst wird wohl den Arbeitern und besonders den Erwerbslosen gezeigt haben, dass die Moskauer die letzten sind, die den Erwerbslosen irgendwie Hilfe bringen können. Darüber täuscht auch die wüste Hetze gegen die SP. [SPD] nicht hinweg. Dass die Demonstration der KP. mehr und mehr als Komödien von den politischen Gegnern angesehen werden, geht daraus hervor, dass die Neugier auf dem Marktplatz zum grössten Teil aus Hakenkreuz und Stahlhelmleuten bestanden, die, mit ihrem Hakenkreuz und Stahlhelm geschmückt, sich über die gehaltenen Brandreden lustig machten. Selbst der Stadtverordnete Hagemann hatte sich auf dem Marktplatz eingefunden. Ob er mitdemonstrieren oder nur Zaungast sein wollte, konnte man nicht feststellen. -
Der Umzug wurde durch
ein Polizeiaufgebot begleitet, was manchen Heißsporn zur Anödung
der Polizei Veranlassung gab. Ein Versuch, ein verbotenes Lied zu singen,
wurde von der Polizei sofort unterbunden. Es genügte eine leise Warnung,
um die revolutionären Kapedisten zu lammfrommen Spaziergängern
zu machen. Durch solche kläglichen Umzüge, die nur auf die Lachmuskeln
wirken, kann den Erwerbslosen in keiner Weise geholfen werden! Die Arbeiterschaft
kann ihren Belangen nur in einer geschlossenen, einheitlichen und dadurch
machtvollen Organisation Geltung verschaffen, wie sie die freien Gewerkschaften
darstellen! Die KP. marschiert?.
"Volksbote". Zeitz, den 17. Juli 1931
Immer noch Proteste und Debatten Unter Tagesordnungspunkt 4 stellt die KPD-Fraktion in der Stadtverordnetenversammlung am 27. August 1931 den Antrag, für die Erwerbslosen ein unentgeltliches Mittagsessen und die kostenlose Benutzung des Volksbrausebades einzuführen sowie die Kosten für Haushaltsgas und elektrisches Licht zu übernehmen. Ebenso soll ein beabsichtigter Lohnabbau von vier Prozent nicht durchgeführt werden. Ein Arbeitersportplatz im Rahmen der Arbeitsbeschaffung soll erbaut werden, schlägt die Fraktion vor. Das alles kann sich nicht durchsetzen. Interessanterweise gab es für die Arbeitslosen in Zeitz und Weißenfels höhere Zuwendungen als es die allgemeinen Richtsätze vorsahen, was auf Grund der Zusammensetzung des Stadtparlaments in Naumburg nicht möglich war zu beschließen. Am 8. Oktober 1931 fordert die KPD-Fraktion erneut, den Klein- und Sozialrentnern die Miet-, Strom- und Gasverbrauchskosten zu bezahlen, und ausserdem jeweils 25 Zentner Kartoffeln sowie ein Kohlendeputat und 30 bis 40 Reichsmark für Winterbekleidung zur Verfügung zu stellen. Der Antrag wird wieder abgelehnt, weil die Stadt sich immer mehr verschuldet, obwohl die Stadtverordnetenversammlung erst am 25. Juni 1931 beschlossen hatte, die Bier-, Getränke- und Hundesteuer sowie des Wassergeldes zu erhöhen. Die Stadtverordnetenversammlung am 8. Oktober 1931 steht im Zeichen der Preussischen Notverordnung vom 12. September 1931. Sie verlangt von der Stadtverwaltung Kürzungen bei den Gehältern von Gemeindebeschäftigten durch Verzögerung des Aufrückens in Dienstalterstufen und bei den Bezügen der ausserplanmäßigen Beamten. Zudem sollen Zulagen gestrichen werden. Die KPD-Stadtratsfraktion stellt den Antrag, dass die Sozial- und Kleinrentner kostenlos Kartoffeln und Kohlen erhalten.
Im Vorfeld der Versammlung tagte der Finanzausschuss und plädiert für die Aussetzung der Notverordnung. Er stützt sich auf die Entschliessung der Mitgliederversammlung des Internationalen Bundes der Opfer des Krieges und der Arbeit, Ortsgruppe Naumburg, der Einspruch gegen die geplante zwölfprozentige Kürzung der Zusatzrente bei gleichzeitiger Belassung der Gehälter und Pensionen erhebt. Der Ausschuss überweist den Vorschlag zur Entscheidung an die Versammlung der Stadtverordneten. Hingegen greift die KPD-Fraktion die Forderung vom Kampfausschuss der Mieter und Erwerbslosen auf: Winterbeihilfe für die Erwerbslosen, Übernahme der Miete und Kosten für die Versorgung mit Wasser, Strom, Kohlen, Kartoffeln, etwas Winterkleidung sowie eine Extrahilfe von 75 Reichsmark pro Person. "Die Kommunisten", kommentiert der Volksbote (Zeitz) am 30. Oktober1931, "hatten einen reichlichen Wunschzettel der Versammlung unterbreitet, Forderungen, deren Erfüllung den Notleidenden zu wünschen wäre, die aber bei der allgemeinen Finanznot undurchführbar sind. Das wissen die Kommunisten genau, aber gerade dieser Umstand ist Wasser auf ihre Mühlen, um die nötige Demonstration auf Kosten der Ärmsten der Armen machen zu können." Bloss die Anträge zur Erwerbslosenfrage gelangen nicht zur Entscheidung und können daher nicht an den Magistrat überwiesen werden. Walter Höhne (KPD) erhebt dagegen Einspruch. Ebenso will Neubert von der KPD, die Versorgung der Sozial- und Kleinrentner genau wie im letzten Jahr durchgeführt haben. "Die Forderungen," berichtet der Volksbote, "lösten eine ausgedehnte Aussprache aus, bei der es zu einer Verbrüderung zwischen den Nazis und Kozis kam. Ein Geschehen, das bei den objektiv Denkenden nicht Wunder nimmt, da beide Parteien ja von der Sensationshascherei ihr Dasein fristen. Zwischen den Ausführungen Neubert [KPD], Höhne [KPD] und Hacker [NSDAP] war ein Unterschied nicht zu merken." Tatsächlich griff Heinrich Hacker den Antrag der Kommunisten auf und stimmt ihnen zu. Er ergänzt den Vorschlag dahingehend, dass die Gehälter bei den Spitzen des Verwaltungskörpers abgebaut werden sollen. Stadtrat Otto Grunert (SPD) "spricht der KPD. das Recht ab, im Namen der Erwerbslosen zu reden. Ausserdem dürfe man nicht vergessen, dass es auch anderen Volkskreisen, z. B. den Wohlfahrtsunterstützungsempfängern, schlechte gehe. Die Gemeindepolitik werde heute in so weitgehendem Maße durch Reich und Staat bestimmt, dass die Kommune in der Bewilligung derartiger Mittel sehr beschränkt sei." (Erwerbslosenfrage) "Er wies nach, dass mit den überspannten Anträgen der KP. den Erwerbslosen und Wohlfahrtsempfängern ein recht schlechter Dienst erwiesen werde. Seine Partei ist für praktische und durchführbare Hilfe," kommentiert der Volksbote (Zeitz) weiter, "wodurch die Erwerbslosen und Wohlfahrtsempfänger die erreichbare Hilfe zuteil werde." Walter Höhne (KPD) wirft Otto Grunert vor, er habe eine antibolschewistische Rede gehalten und die Sozialdemokraten treiben eine arbeiterfeindliche Politik. Otto Grunert (SPD) entgegnet: "Den Befürchtungen der Kommunisten gegenüber könne er sagen, dass ein 12-prozentiger Abbau der Zusatzrente für Naumburg vorläufig nicht in Frage kommt." Dies unterstützt der Stadtverordnete Moritz Starke von der DNVP. Seiner Meinung nach kann man davon vorläufig absehen. Seine Partei stimmt sogar der Nichtdurchführung der preußischen Notverordnung zu. Mehrheitlich votieren die Stadtverordneten gegen die Annahme der Notverordnung, wissen aber, dass sie trotzdem irgendwann durchgeführt werden muss.
Jeder 15. Einwohner von Bad Kösen lebt im Februar 1931 von der Fürsorgeunterstützung. Das sind 226 Personen. Hinzu kommen die Erwerbslosen und Krisenunter-stützungsempfänger. Im Oktober 1932 erhält jeder 6. Einwohner dieser Gemeinde Fürsorgeunterstützung. Das sind 481 Personen. Für Arbeitsbeschaffungsmassnahmen fehlt oft das Geld. Dementsprechend verärgert reagiert die Öffentlichkeit auf die Verschwendung und den unzweckmäßigen Einsatz öffentlicher Gelder. In ihrem Namen lästert der Wahre Jacob 1930 ab:
"Scharen von Wohnungssuchenden sah man zu dem Korpsdiener der Saxonia ziehen," persifliert die bekannte Satirezeitschrift den Missbrauch von staatlichen Ressourcen, "um ihr Scherflein zum Erwerb der bitter notwendigen Erholungsstätte der akademischen Jugend beizusteuern. Ebenso hatten die Erwerbslosen, volles Verständnis für die Restauration der sagenumwobenen Burgruinen an der Saale hellem Strande."
Friedrich Muck-Lamberty nimmt im April 1931 in der Naumburger Stadtzeitung zum Thema Arbeitslosigkeit das Wort. Speziell die Misere der Arbeitslosenschulungen will er durch forcierte Eigeninitiative überwinden. "Kleine Erziehungsanstalten sollen sich entwickeln können." Selbsthilfegemeinschaften müssen entstehen. Alle sollen daran mitwirken. Entscheidend ist, die Notlage anzuerkennen. "Wer sich nicht für das Ganze einzusetzen vermag, soll geächtet werden und unbeachtet bleiben." "Es werden keine besseren Zeiten kommen, wenn wir nicht selbst durch schöpferische und verbindende Kräfte diese besseren Zeiten schaffen. Nicht durch Schimpfen, nicht durch Herunterreißen, auch nicht durch blinde Wut, sondern durch klare Arbeit und durch Könnungsvermögen ist es nur möglich, einen schäbigen Zustand zu ändern und schlechte zehrende und lehrende Kräfte abzustossen, die gesunden Sinne zu mobilisieren." Die Voraussetzung für alles ist "Hilfsbereitschaft und gegenseitige Achtung". Muck übt heftige Kritik an den Parteien. Sie ".... und Vergnügungsbünde haben sich wenig um die Entwicklung des einzelnen Mitgliedes gekümmert. Man hat an der menschlichen und völkischen Entwicklung des Einzelnen kein Interesse. Parteiinteresse ist mitschuldig, dass wir heute einen unschöpferischen Menschenhaufen haben, statt überall selbstständige und verantwortliche Menschen."
Stadthaushalt und Arbeitslosigkeit nach oben Die Haushaltspolitik der Stadt Naumburg prägt in den Jahren 1930 bis 1932 die Brüningsche Sparpolitik. Das Land Preußen erlässt 1931 eine Anstellungssperre für Lehrer an den öffentlichen Schulen. Weitere Opfer fordert die Regierung hauptsächlich von den Hilfeempfängern in besonderen Lebenslagen, den chronisch Kranken, Geschädigten, Sozialrentnern, Arbeitslosen, Kriegsversehrten und ihren Hinterbliebenen, Tagelöhnern und Geringverdienern. Auf Dauer war die Finanzierung der Wohlfahrtserwerbslosen durch die Stadt eine unlösbare Aufgabe. Per 31. Mai 1932 lebten in Naumburg 1.483 Wohlfahrtserwerbslose oder etwa 50,4 auf 1 000 Einwohner und im Landkreis Naumburg 471 oder 30,1 auf 1000 Einwohner. Der Quotient beträgt in Zeitz 77,5, Erfurt 54,1 und Stendal 31,5. Die Kosten für die Wohlfahrtserwerbslosen muss die Gemeinde aufbringen, was den Stadthaushalt schwer belastet. Immer wieder ringt die Stadtkasse mit Fehlbeträgen. Im Juni 1931 muss die Stadt 244 922 Reichsmark ausgleichen, weil die Ausgaben für die Wohlfahrtserwerbslosen den Etat um 461 628 Reichsmark überschreiten. Inzwischen sparte man bei den Schulen schon 75 000 Reichsmark ein, was den Fehlbetrag etwas verringerte. Eine Anhebung der Realsteuern ist aus gesetzlichen Gründen ausgeschlossen. Und die Bürgersteuer wurde bereits mit einem Zuschlag von 200 Prozent belegt. Als Kopfsteuer betrifft sie vor allem die Geringverdienenden, Armen, die Unterschicht, weshalb der Magistrat davon absehen will. Es blieb also nur die Einführung von Steuern aus den Notverordnungen. Zum 1. Juli 1931 beschliesst der Magistrat: 1. Die Erhöhung des Wassergeldes von 3 auf 4 ½ des Gebäudesteuernutzungswertes. 2. Eine Verdopplung der Biersteuer. Jährlich erwartet die Stadt in dieser Position Mehreinnahmen von 90 000 Reichsmark. 3. 18 750 Reichsmark Mehreinnahmen soll die Anhebung der Getränkesteuer bringen. 4. Um ein Drittel wird die Hundesteuer erhöht. 5. Die Sparkassen-Überschüsse und Erlöse aus dem Verkauf des Weinbetriebes sollen für gemeinnützige Zwecke verwendet werden.
6. Die Gehälter der Beamten und Lehrer der Stadt sollen um weitere 5 bis 8 Prozent gekürzt werden. Davon erwartet die Stadt eine Minderausgabe von 60 000 Reichsmark pro Jahr. Über die Vorlage des Magistrats wird am 25. Juni 1931 in der Stadtverordneten-versammlung lange debattiert. Die Nationalsozialisten lehnen die Steuererhöhung ab, weil sie das gegenwärtige System mit allen Mitteln beseitigen wollen. Wenn auch aus anderen Gründen, die meisten anderen Stadtverordneten sind ebensowenig zur Annahme der Gesamtvorlage zu bewegen. Dann wird eben der Regierungspräsident zum 1. Juli 1931 die Steuern einführen. Im leicht süffisanten Unterton stichelt das Naumburger Tageblatt:
In der Region sieht es nicht anders aus. Am Freitag, den 28. November 1930, tagen die Abgeordneten vom Stadtkreis Naumburg. Der KPD-Abgeordnete Hermann Firchau (Bad Kösen) bringt einen Antrag zur Unterstützung der Ausgesteuerten ein. Verheiratete sollen aus der Gemeindekasse zum 15. Dezember (1930) 45 Reichsmark und Ledige 25 Reichsmark erhalten. Die Notwendigkeit solcher Stützungsmaßnahmen wird nicht bezweifelt, doch muss trotzdem eine Bedürftigkeitsprüfung erfolgen, meinen andere Abgeordnete. Außerdem entstehen weitere Mehrbelastungen für den Haushalt. Bisher müssen 37 Prozent Kreissteuern erhoben werden. Dann wären es sogar 80 bis 90 Prozent. Wie lange soll man das Durchhalten? Landrat Doktor Karl Leopold Deines macht geltend, daß der Vorschlag zu spät kommt. Ein Beschluss wird nicht gefasst.
Jetzt ist guter Rat teuer. Viele besitzen nicht mehr das Nötigste zum Leben. Im Nachbarort Bad Kösen leben 226 Personen von der Fürsorgeunterstützung. "Dazu kommen eine große Zahl Erwerbsloser und Krisen-, Unterstützungsempfänger. Es ist keinesfalls damit zu rechnen, dass die nächste Zeit eine Entlastung bringen wird ", schätzt die hiesige Stadtverwaltung. Im Februar und Oktober 1932 wendet sie sich an "Alle Einwohner, die noch nach ihrem Einkommens- und Vermögensverhältnissen in der Lage sind, die herzliche und dringende Bitte nach besten Kräften mitzuhelfen und Spenden zu geben. Im Besonderen sind
für Männer, Frauen und Kinder erwünscht." Offenbar treffen den Bürger die Einschränkungen, Behinderungen und Mangelsituationen ganz unterschiedlich, was auffällig mit der Zugehörigkeit zur sozialen Klasse und Berufsgruppe korreliert. 1929 stellt die Stadt die Seuchenbaracke in Schönburger Strasse, einige Räume der Kaserne in der Weißenfelser Strasse und das frühere Patronenhaus (25 Schlafgelegenheiten) als Obdachlosenunterkünfte zu Verfügung. Zudem existiert 1932 ein Obdachlosenheim im Auengrund. Für die Resozialisierung von Obdachlosen plante der Magistrat im Mai 1929 die Errichtung von 16 Wohnungen auf dem Grundstück Ecke Hallesche Strasse/Weinbergstrasse. Vorgesehen ist der Bau von zwei Häusern zu je acht Wohnungen. Der Mietzins für eine Wohnung soll 20 Reichsmark betragen. In der Sitzung am 27. Mai 1930 diskutieren die Stadtverordneten über die Vorlage "Forderung der Neubautätigkeit", die von der kommunistischen Fraktion eingebracht wurde. Durch gezielte Investitionen soll der Wohnungsmangel und die Arbeitslosigkeit gemindert werden. Hierzu fordert sie von der Reichsregierung einen ausreichenden Staatskredit, den der Magistrat bei ihr eintreiben soll. Die Mehrheit der Stadtverordneten stimmt für die Annahme des KPD-Antrages. Im Verlauf der Diskussion verweist Neubert (KPD) darauf, dass bereits im Vorjahr beschlossen wurde, dass die Hauszinssteuer zur Wohnungsbautätigkeit zu verwenden sei. Wie sich herausstellte, wurde sie oft für andere Zwecke eingesetzt. Fritz Hagemann (Haus- und Grundbesitzer) wies im Namen seiner Partei strikt jede Verantwortung zurück. Otto Grunert (SPD) macht darauf aufmerksam, dass viele Antragsteller die erste Hypothek nicht aufbringen können, weshalb das an die Gemeinde zugewiesene Geld nicht ausgelöst werden kann.
Zur Verbesserung der
Einnahmesituation der kommunalen Haushalte führt die Brüning-
Regierung per Notverordnung vom 26. Juli 1930 die Bürgersteuer
ein. Die Stadt
rechnet mit Mehreinnahmen in Höhe von 75 000 Reichsmark.
Den Rest des Ausgabenüberhangs muss durch Einnahmen aus der Erhöhung
der Realsteuern erbracht werden. Schon zweimal lehnten die Abgeordneten
eine entsprechende Steuervorlage des Magistrats ab. Am 28. November
1930, liegt sie dem Stadtparlament erneut vor. Zum Ende des Monats muss
die Vorlage beschlossen sein, damit die Steuer durch die Finanzämter
eingezogen werden kann. Andernfalls entstehen der Stadt zusätzliche
Erhebungskosten. Der Finanzausschuss nahm die Vorlage 138
zur Einführung der Bürgersteuer bereits an. Nun müssen
die Stadtverordneten entscheiden. Es kommt zu heftigen Diskussionen. Blüthgen
(SPD) lehnt die Bürgersteuer ab, weil sie die "breiten Massen"
belaste. Neubert (KPD) spricht von einer Diktatursteuer. Schmöller
(NSDAP) weist den Antrag für die Fraktion der NSDAP ebenfalls zurück.
Wortführer Starke (DNVP) erreicht aber die Zustimmung der übrigen
Parteien. So kann die Bürgersteuer fristgerecht gegen die Stimmen
von Nationalsozialisten, Kommunisten und Sozialdemokraten beschlossen
werden. Durch die stark steigende Zahl der Wohlfahrtserwerbslosen stolpert der Stadthaushalt in die nächste Krise. In der Debatte zum Haushaltsplan 1932 stellt die Stadtverordnetensitzung am 28. April 1932 gegenüber der Etataufstellung vom 15. November 1931 ein Mehrbedarf von 260 000 Reichsmark fest. Zum Ausgleich könnte sie auf einen Reichszuschusses in Höhe von 128 000 Reichsmark zurückgreifen. Aber diesen erhält die Stadt nur dann zugewiesen, wenn sie die Gemeindebiersteuer mit mindestens 10 Prozent des Kleinhandelspreises und die Bürgersteuer mit mindestens dem Dreifachen des Landessatzes erhebt. Die Stadt kann auf den Reichszuschuss nicht verzichten.
Ihr
sollt euch allesamt was schämen, nach
oben Der Reichspräsident erlässt am 14. Juli 1932 die Notverordnung
Sie verfügt Rentenkürzungen, drastische Einschnitte in die Kriegsopferversorgung und unterminiert weiter das Unterstützungssystem für Arbeitslose. Die drei Systeme Arbeitslosenunterstützung (Alu), Krisenunterstützung (Kru), Wohlfahrtsunterstützung (Wolu) werden angeglichen. Die Alu wird maximal 6 Wochen gezahlt. Es sind wahrscheinlich weniger als 10 Prozent, die sie ausgezahlt bekommen. Die Kru nähert sich der Wohlfahrtsunterstützung an, die eine Art Armenhilfe, und wird trotzdem noch um 10 Prozent gekürzt. - Aus den Einsparungen der Arbeitslosenversicherung will die Papen Regierung die Gemeinden im Reich mit 672 Millionen Reichsmark unterstützen. Die soziale Lage der Stadt ist weiterhin kritisch. Und von Weimar dringen besorgniserregende Nachrichten herüber. Als die Wohlfahrtsunterstützung für Arbeitslose um zehn Prozent gesenkt wurde, kam es am 15. Juli 1932 in der Stadt zu schweren Ausschreitungen. In großer Erregung zog ein größerer Trupp von Bürgern zum Rathaus. Oberbürgermeister Walther Felix Müller (1879-1970) war nicht anzutreffen und so suchte man ihn zu Hause auf. Mehrere Polizisten konnten nicht verhindern, dass der Stadtvater aus seinem Dienstauto gezerrt und verprügelt wurde. Dann besetzten Bürger das Wohlfahrtsamt und demolierten die Inneneinrichtung. Erst einem grösseren Polizeikommando gelang es, Ordnung und Ruhe wiederherzustellen. Im vierzig Kilometer entfernten Naumburg zeichnet sich ebenfalls keine Entspannung der Armuts- und Arbeitskonflikte ab. Die hiesige Stadtverordnetenversammlung debattiert vor allem über die Senkung der Erwerblosenunterstützung um 23 Prozent und Wohlfahrtsunterstützung um 15 Prozent sowie die Frage, dass die Gemeinden über dessen Höhe (weiterhin) selbst entscheiden. Stadtverordneter Malermeister Karl Reinsberger (DNVP) eröffnet die Sitzung am 23. Juni 1932. Zunächst befasst sie sich mit den Strassenbaukosten für die Anlieger (Eigentümer) von Grundstücken, der Festlegung eines Einheitspreises für Kanal- und Beleuchtungskosten, dem Nachtrag zur Vergnügungssteuerordnung und der Umgestaltung des Kaiser-Friedrich-Platzes (Heinrich-von-Stephan-Platz). Weiter stehen verschiedene Anträge zur Behandlung an. Die KPD-Fraktion fordert die Auflösung des Stadtparlaments, weil es nicht mehr der politischen Willensbildung der Bürger Ausdruck verleiht und der Eingemeindung von Almrich nicht Rechnung trägt. Gegen die Stimmen von KPD und NSDAP wird der Antrag abgelehnt. Zum Wohlfahrtsetat beantragt die SPD-Fraktion von der vorgesehenen Herabsetzung der Unterstützungssätze abzusehen. Ebenso soll der Mindestverbrauch von Elektroenergie für die Haushalte reduziert werden. Erwerbslose sollen, so schlägt sie vor, an bestimmten Wochentagen Freikarten für das Volksbad erhalten. Nach einer Diskussion über die Geschäftsordnung, erfolgt die Ablehnung der Dringlichkeit des Antrags.
Dann entbrennt eine lange und heftige Debatte zur Erwerbslosenfrage. Die kommunistischen Stadtverordneten werfen den bürgerlichen Parteien vor, sich nicht um die Arbeitslosen zu kümmern. Anwesende Gäste unterstützen dies mit lautstarken Zwischenrufen. Stadtverordneter Hagemann (Haus- und Grundbesitzer) antwortet darauf, die bürgerlichen Parteien hätten sehr wohl etwas für die Erwerbslosen übrig, aber sie müssten in erster Linie dafür sorgen, daß die städtischen Finanzen in Ordnung kämen. Emil Rößling (KPD) widerspricht heftig. Vorsteher Reinsberger (DNVP) ruft ihn zur Ordnung und droht damit die Gästetribüne räumen zu lassen. Stadtverordneter Schmöller (NSDAP) unterstützt die Forderungen der kommunistischen Abgeordneten. Die Sitzung muss unterbrochen werden. Der Finanzausschuss zieht sich zur Beratung zurück. Anlass für die Debatte ist das Arbeitsbeschaffungsprogramm der KPD-Fraktion, die fordert: Der Magistrat möge es zur Kenntnis nehmen und unterstützen. Darauf insistiert ebenso der Bauarbeiterverband. Die Kommunisten fordern die Übernahme der Kosten für Schuhreparaturen und Arzneimittel bei Arbeitslosen und lehnen sich dabei an die Beschlüsse des Erwerbslosenrates Naumburg an. Ebenso appellieren die Erwerbslosen an die Stadtverordnetenversammlung, die Maßnahmen des Magistrats zurückzuziehen, weil sie nicht mehr in der Lage sind ihre Miete zu zahlen oder gar ihre Familie zu ernähren. (Vgl. Tribüne) Nach Beendigung der Sitzungspause werden die Anträge auf völlige Übernahme der Kosten für Schuhreparaturen und Arzneimittel gegen die Stimmen der Nationalsozialisten, Sozialdemokraten und Kommunisten abgelehnt. Aber die Stadt übernimmt sechzig beziehungsweise fünfundachtzig Prozent der Ausgaben. Bei Ausführung einer Nebenbeschäftigung durch die Arbeitslosen soll ein Drittel des Lohnes nicht auf die Unterstützungszahlung angerechnet werden.
"Ein Antrag der SPD, denjenigen Kindern die aus Mangel an Kleidung und Schuhwerk das Kirschfest nicht mitfeiern können, durch Gewährung von Unterstützung die Teilnahme zu ermöglichen, wird angenommen." (Protokolle 1927-1933)
In der außerordentlichen Stadtverordnetensitzung am 25. August 1932
prallen die unterschiedlichen Standpunkte zur Erwerbslosenfrage erneut aufeinander. Energisch wendet sich die sozialdemokratische Fraktion gegen die geplante Herabsetzung der Unterstützungsrichtsätze für die Arbeitslosen. Sie fordert, es sollen die im Etat 1931 festgelegten Beträge weiter gelten. Mehr noch, die alten Richtsätze der gehobenen Fürsorge sollen um 5 Reichsmark angehoben werden. Mietzuschüsse sollen gezahlt werden. Außerdem fordern drei Sozialdemokraten, die Kommunisten zogen ihre Unterstützung zurück, Unterstützung für Schuhe, Kleidung, die Abgabe eines kostenlosen Frühstücks und Mittagessens für schulpflichtige Kinder unterstützungsberechtigter Personen sowie die kostenlose Gewährung von einem halben Liter Milch für Kleinkinder der Unterstützungsempfänger.
Die Versammlung nimmt nun zum Vorschlag der Sozialdemokraten vom 23. Juni 1932 Stellung, die Richtsätze für die Arbeitslosenunterstützung vom 1. April 1932 weiter beizubehalten. Bei Aufhebung des hierzu am 4. Juli 1932 getroffenen Beschlusses und die (Weiter-) Zahlung der bisherigen Richtsätze ab 1. September 1932, müssten dafür ab 1. Oktober 1932 bei der Grundvermögenssteuer statt 100 Prozent 200 Prozent, bei der Gewerbesteuer statt 300 Prozent 500 Prozent und bei der Bürgersteuer auf das ganze Jahr gerechnet, statt 200 Prozent 400 Prozent erhoben werden. (Vgl. Stadtverordnetensitzung 25.8.1932) Die Notverordnung vom 16. Juni 1932 sieht eine Senkung der Unterstützungssätze für die Arbeitslosen vor. Der Finanzausschuss, teilt der Berichterstatter mit, hat beschlossen die alten Richtsätze noch bis 3. August bestehen zu lassen. Ab 22. August werden neue Unterstützungssätze gezahlt.
Damit wird die Wohlfahrtsunterstützung für die Arbeitslosen drastisch gesenkt. Sie beträgt für Alleinstehende in Naumburg ab 1. April 1932 7 Reichsmark und ab 22. August 1932 6,15 Reichsmark pro Woche. Mit drei unterstützungsberechtigten Angehörigen erhält der Erwerbslose 12,50 (früher 14,70) Reichsmark und mit einem weiteren 14,00 (früher 16,50) Reichsmark pro Woche. Überdies f beschließt die Stadtverordnetenversammlung die Steuern für Grundvermögen und Gewerbe sowie die Bürgersteuern ab 1. Oktober 1932 drastisch anzuheben. Zum Beispiel bei der Grundvermögenssteuer von den geplanten 160 auf 290 Prozent. Das ist notwendig, sagt Bürgermeister Karl Roloff, weil die Stadt im letzten halben Jahr eine drastische Minderung der Steuereinnahmen zu verzeichnen hat. Aber trotz der Steuererhöhungen kann der Haushalt nicht als ausgeglichen gelten. Auch darüber entspannt sich eine kontroverse Debatte. Lehrer Friedrich Blüthgen (Lützowstraße 17) meint für die SPD, dass in dieser Situation im Interesse der Menschen Schulden gemacht werden müssten! Die nachfolgenden Generationen müssen diese eben tilgen. Die Atmosphäre zwischen der Abgeordneten der verschiedenen politischen Lager ist auf das äusserste gespannt. Es kommt zu heftigen Auseinandersetzungen über die Finanzierung der Orgel der St. Wenzelskirche. Franz Neubert (Schriftsetzer, Windmühlenstraße 6a, KPD) sieht darin Ausgaben für unproduktive Zwecke, was insbesondere bei den religiös denkenden Abgeordneten zu Protesten führt. Emil Rößling (Maurer, KPD) äußert: "Schicken
sie einen Arbeitslosen Merkwürdig, die Wohnung des Lagerführers bei der Reichsbahn und KPD-Stadtverordneten im Weingarten 19 soll, obwohl die Familie immer pünktlich ihre Miete zahlte, am 22. September 1932 geräumt werden. Fünfzehn Polizeibeamte und ein Gerichtsvollzieher laufen auf. Vielleicht lagen nur persönliche Unverträglichkeiten mit dem Hauswirt vor? Oder gab es politische Gründe? Genossen, Freunde und Bürger verhindern die Räumung. Das war damals Stadtgespräch.
Ferner wirft in der Stadtverordnetensitzung am 25. August 1932 der NSDAP-Abgeordnete Georg Schmidt (Kaufmann, Dechantengrund 3) den Linken vor, dass sie keinen Ausweg aus der wirtschaftlichen Not wüssten. Die Unterstützungssätze charakterisiert er aber als "menschenunwürdig". Sie sind nun einmal das Ergebnis der Notverordnungen. Erlassen hat sie eine Regierung, argumentiert Schmidt weiter, die von der Linken, gemeint ist die SPD, toleriert wird. Für die NSDAP bekennt er sich zu dem Grundsatz: "Der Staat hat die Pflicht, Arbeit zu schaffen."
Damit meint er vor allem die Schaffung des Freiwilligen Arbeitsdienstes für 27 Wochen mit Lohn. Dafür sollen die alten, vor der Notverordnung in Kraft befindlichen Richtsätze zwei Monate weitergezahlt werden. Wilhelm Schwencke von der SPD-Fraktion wendet sich entschieden gegen den Zusatzantrag der NSDAP-Fraktion, weil der Freiwillige Arbeitsdienst keine beruflichen Perspektiven bietet. Zudem besteht die Gefahr der Dequalifizierung der Arbeitskraft. Auch eine Enttarifierung von bezahlten Arbeiten in gleichen oder ähnlichen Arbeitsmarktsegmenten ist zu befürchten. Mit dem Arbeitslosenversicherungsgesetz von 1927 besteht sowieso schon für Arbeitslose mit Krisenunterstützung unter 21 Jahren die Pflicht zur untertariflichen Arbeit. Stadtbaurat Schröter plädiert für die Arbeitspflicht. Der Antrag der NSDAP wird mit sechzehn gegen acht Stimmen angenommen. Dies widerspricht eigentlich der Notverordnung vom 5. Juni 1931 mit der Ergänzung zu den Bestimmungen über die wertschaffende Arbeitslosenfürsorge zum Paragraf 139a des AVAVG (Gesetz über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung) von 1927, wonach nur ein gemeinnütziger und freiwilliger Arbeitsdienst (FAD) durchgeführt werden darf. Trotzdem haben an deren Durchführung die Kommunen ein gesteigertes Interesse, weil die Reichsanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung die Förderung und Finanzierung des FAD übernimmt.
Stadtverordnetensitzung vom 22. September 1932 behandelten Fragen, kürzt der Volksbote (Zeitz) wie folgt zusammen:
Immer massiver zeigen sich die Folgen der Notverordnungen. Die Sozialdemokraten, in der Vergangenheit oft mit einem nüchternen institutionellen Blick ausgestattet, bemüht die soziale Fieberkurve nicht künstlich hochzutreiben, müssen jetzt feststellen, dass die Rentner, Unterstützungsempfänger und Erwerbslosen die Mieten oft nicht bezahlen können. Zudem sind durch Gewährung von Mietbeihilfen in Form des Erlasses der Hauszinssteuer Ungerechtigkeiten entstanden, weil andererseits die Stadt selbst 400 bis 450 Neubauwohnungen vergibt, für die aber eine solche Abgabe nicht in Frage kommt. Dennoch wurden in diesen Wohnungen die Mieten so hochgeschraubt, dass sie in keinem Verhältnis mehr zu den Preisen in den Altbauwohnungen stehen. Deshalb schlägt die sozialdemokratische Stadtratsfraktion vor, den Arbeitslosen-, Krisen- und Wohlfahrtsunterstützungsempfängern, soweit diese in derartigen Wohnungen untergebracht sind, eine entsprechende Mieterbeihilfe zu gewähren. In der Begründung zum Antrag weist Lehrer Blüthgen (SPD) daraufhin, dass die Eigentümer dieser Wohnungen Arbeiter sind, die früher in einem leidlichen Arbeitsverhältnis standen und Wert darauf gelegt haben ihren Arbeitsverdienst im Interesse der sittlichen und gesundheitlichen Erhaltung ihrer Familie zu verwenden. Wenn sie jetzt unverschuldet in wirtschaftliche Not geraten, haben sie den gleichen Anspruch wie die Mieter in den Altbauwohnungen. Man darf nicht gleichgültig über das Schicksal dieser Menschen hinweggehen. Der Antrag erhielt durch die Überweisung an den Magistrat ein Staatsbegräbnis erster Klasse. Vielleicht ist dies ein günstiger Moment, um darauf hinzuweisen, dass die SPD-Stadtratsfraktion öfters die Anträge der KPD nachdrücklich unterstützte, wenn sie ein begründetes Anliegen verfolgten und nicht von vornherein purer Unsinn oder ganz öffentlichen Propagandacharakter trugen. So geschah es in der Stadtverordnetensitzung am 22. September 1930, als die kommunistische Fraktion den Antrag stellte, die auf rechtlicher Grundlage der Notverordnungen vorgenommenen Abzüge bei den Rentnern zurückzuerstatten und alle weiteren Kürzungen strikt abzulehnen. Ausserdem sollen die Betroffenen folgende Winterbeihilfe erhalten: Eheleute einmalig 50 Reichsmark, Alleinstehende 30 Reichsmark und jedes Kind 10 Reichsmark, plus: freie Belieferung mit Kohle, Holz und Kartoffeln. Das Geld dafür will die KPD durch die Kürzung alle Gehälter von über 5000 Reichsmark und Pensionen von über 4000 Reichsmark mobilisieren. Schriftsetzer Franz Neubert (KPD) erweckte bei der mündlichen Begründung des Antrages den Eindruck, als liege es in der Macht der Gemeinde dies zu beschliessen. Die NSDAP-Fraktion verwies in der Gegenrede auf die vorzüglichen Verhältnisse in Coburg. Weiter sprach sie sich für die Arbeitsdienstpflicht aus und erklärte einen Wochenlohn von 16 Reichsmark zum auskömmlichen Einkommen. Allmählich verlor Stadtvorsteher Kaufmann Kurt Allstedt die Kontrolle über die Versammlung. Hagemann von den Haus- und Grundbesitzern und die KPD-Fraktion nutzten die Gelegenheit für einen Schimpfwörterüberbietungswettbewerb. Pupillengucker, Mustopf, Mops, Rindvieh, Kreatur, Karikatur eines verkommenen Menschen, tönte es zum Gaudium der Zuhörer durch den Raum. Die SPD trat oft an die Seite der KPD, wenn es darum ging, den Unterstützungsbedürftigen zu helfen. Dessen ungeachtet musste Genosse Otto Grunert (SPD) die Vorschläge zur Beschlagnahme oder Pfändung der hohen Gehälter und Renten als Propaganda zurückweisen und erklärte:
Erwerbslosenversammlung der NSDAP nach oben Für Mittwochabend [den 27. Juli 1932] hatten die Nazis [NSDAP-Ortsgruppe Naumburg] zu einer Erwerbslosenversammlung eingeladen. Die bekannte Hallesche Dreckschleuder [Heinrich] Bachmann [Anmerkung 1] war als Redner angekündigt, der auf die Erwerbslosen losgelassen werden sollte. Um den Nazi-Betrug nicht ungehört verhallen zu lassen, rief der gemeinsame Erwerbslosenausschuss der SP., KP. und SPD. die Erwerbslosen auf, die Versammlung in Massen zu besuchen. Mehr als 1 000 Erwerbslose folgten dem Ruf des gemeinsamen Erwerbslosenausschusses und erschienen pünktlich in der Versammlung, so daß diese schon lange vor Beginn polizeilich geschlossen werden musste. Hunderte von Erwerbslosen konnten keinen Zutritt mehr finden, obwohl die Versammlung auf beide Ratskellersäle ausgedehnt war. Die Nazis waren sichtlich verdattert, und die Hallesche Revolverschnauze fand sich bei seinen Ausführungen in dem vorgeschriebenen Konzept nicht zurecht, so daß die Ausführungen nur ein kunterbuntes, blödes durcheinander waren. Die Versammlung war von einem prächtigen Kampfgeist erfüllt. Die Zwischenrufe, Proteste und sonstige Mitwirkung der Massenbesucher liessen erkennen, daß eine gereizte Stimmung durch die Provokation des Redners herrschte. Auch einzelne Beamte der Polizei zeigten eine recht gereizte Stimmung. Die ruhige und besonnene Auffassung, die Polizeimeister Thum und Weißenborn zeigten, haben es mit verhindert, daß die Versammlung ohne Störung verlief. Von Anfang an hatten es die Nazis auf eine Provokation abgesehen. Die aus dem ganzen Bezirk zusammengezogenen Honigkuchenmänner waren in Bereitschaft gestellt. Gegen Hundert standen uniformiert in den Garderobenräumen hinter der Polizeikette bereit. Nach der Eröffnung kamen etwa 20 uniformierte Nazis in den Saal marschiert, die aber durch den Protest der Versammlung auf polizeiliche Anordnung wieder aus dem Saale gewiesen wurden. Inzwischen hatte sich ein Trupp von etwa 40 uniformierten SS-Leuten, ohne polizeiliche Kontrolle passiert zu haben, auf der Bühne hinter dem Vorhang postiert. Auf Verlangen der Versammlung musste auf polizeiliche Anordnung der Vorhang zurückgezogen werden. Hierdurch waren zum Gaudium der Versammlung die Honigkuchenmänner als Schauobjekt wie auf einer Abnormitätenbühne aufgestellt. Beim Erscheinen des bekannten Naziführers Staps [Anmerkung 2] wurde diesem in einem hundertstimmigen Sprechchor: "Jetzt kommt der Friedhofsrosenliebhaber" entgegengerufen, so daß er sich veranlasst sah, puterrot und beschämt fluchtartig den Saal zu verlassen. In der erzwungenen Diskussion sprach vom Erwerbslosenausschuss ganz wirkungsvoll der Erwerbslose König, dann ein Monteur, der längere Zeit in Koburg gearbeitet hatte und treffend die dortigen Nazimethoden entlarvte. Trotz ungeheuren Protestes wurden diesem Redner das Wort entzogen. Als dritter nahm der Vorsitzende des Aktionsausschusses Fieker [zur Person] das Wort, dem man schon nach wenigen Sätzen das Wort entzog. Dadurch flog die Versammlung auf. Die Masse erhob sich von ihren Plätzen, und unter dem Gesang der Internationalen wurde die Versammlung verlassen. Nur die eingezogenen Honigkuchenmänner mit etwa 10 bis 15 Zivilisten blieben zurück. Der Umstand, daß die Nazis bei der Eröffnung der Versammlung mit kräftigen Freiheit, und Rot-Front Rufen begrüßt wurden, hatte die Polizei veranlasst, daß große Ueberfallkommando der Schutzpolizei nach Naumburg zu rufen. Nach Schluss der Versammlung füllte sich sofort der Markt von Menschen, während die Honigkuchenmänner wie Angsthasen unter dem Schutz der Polizei im "Ratskeller" verblieben. Plötzlich ertönte
das Kommando Straße frei! und schon wurden die Gummiknüppel
in Bewegung gesetzt, eine Betätigung bei der sich bekannte Naumburger
Polizeibeamte ein Gütchen taten. Schmerzensschreie und Grölen
der Frauen und eine wilde Flucht belebte die nächtliche Stunde die
am Marktplatz anliegenden Straßen. Wohltuend nahm sich das Verhalten
der Schutzpolizei aus, die erst später, als die Menge teilweise in
Aufregung gebracht worden war, von dem Gummiknüppel Gebrauch machte.
Zu Ansammlungen und Straßenräumungen kam es noch einmal vor
dem Hufeisen [Marienstraße],
Jakobsstraße und anderen Plätzen. Um 21.30 Uhr wurde allmählich
Ruhe und dem Einwirken der Schutzformation gelang es, die Massen die unbehindert
den Heimweg antreten zu lassen. Die Nazis wagten nur in geschlossenen
Trupps, oder unter polizeilicher Deckung den Heimweg anzutreten. Die gefährlichsten
Schläger wurden in Autos verladen und an ihren Wohnungen abgeliefert.
Die Honigkuchenmänner wollten damit vortäuschen, als wären
sie von den in der Versammlung aufs gemeinste beschimpften Erwerbslosen
bedroht. Die Verbrecherkolonne hatte nämlich nicht geahnt, daß
auf den Ruf der Führer sich etwa 1 000 Mann zur Versammlung
einfinden würden! An der Besonnenheit und Energie der erwerbslosen
Arbeiter ist das Vorhaben der Nazis zuschanden gemacht. Die endgültige
Antwort wird ihnen am 31. Juli [zur Reichstagswahl] erteilt. Sie
lautet: Den Stimmzettel abgeben für Liste 1! [Anmerkung 3]
Volksbote. Sozialdemokratisches Organ für die Kreise Zeitz, Weißenfels, Naumburg. Zeitz, den 28. Juli 1932
1932: Arbeitsbeschaffung als Schicksalsfrage nach oben Die vorgezogenen Wahlen von 1930 bringen keine demokratische Mehrheit zustande. Der Reichspräsident ernennt den Zentrumspolitiker Heinrich Brüning zum Reichskanzler. Nun werden die Kanzler nicht mehr vom Reichstag gewählt. Und sie regieren großenteils mit Notverordnungen des Reichspräsidenten. Die vom 5. Juni 1931 bringt weitere Einschnitte und Zumutungen. Für die Gewerkschaften ist die Herabsetzung der Arbeitslosenfürsorge für die Saisonarbeiter um 50 von Hundert und die Herausnahme der Jugendlichen aus der Betreuung der Versicherung unzumutbar, legt Theodor Leipart (ADGB) in der Kabinettsitzung am 15. Juni 1931 dar. Er schätzt, daß 120 000 bis 150 000 Jugendliche den radikalen Gruppen in die Arme getrieben werden. Dem Zentrumspolitiker Heinrich Brüning folgen Franz von Papen (1932), Kurt von Schleicher (1932/33) und Adolf Hitler (1933).
Für das Papen-Kabinett wird die Arbeitsbeschaffung - titelt das Naumburger Tageblatt am 19. August 1932 - zur Schicksalsfrage. Im Saale-Unstrut-Gebiet praktiziert man jetzt drei Hauptformen:
"Ausdrucksformen der Arbeitsweise der neuen Reichsregierung sind das Arbeitsbeschaffungsprogramm und der Freiwillige Arbeitsdienst".
Ab Dezember 1932 setzen in der Stadt Naumburg (Saale) 20 junge Frauen in Nähstunden mit insgesamt 1 500 Tagewerken eine große Anzahl von Kleidungsstücken instand. nach oben Träger des Dienstes ist die Arbeitsgemeinschaft Winternothilfe Naumburg. Die Gesamtleitung liegt in den Händen der Ehefrau von Stadtrat Erich Keiner vom Deutschen Evangelischen Frauenbund und der Ehefrau von Bergrat Koch vom Reichsverband Deutscher Hausfrauenvereine, Ortsgruppe Naumburg. Pionierarbeit in der Winterhilfe leistet das Naumburger Pfadfinderkorps. In Grochlitz organisiert der Stahlhelm im Herbst 1932 ein geschlossenes Lager des freiwilligen Arbeitsdienstes. Zum Ausbau eines 1020 Meter langen Feldweges zu einer Autostraße von Burgheßler nach Obermöllern richtet man im Oktober 1932 ein offenes Arbeitslager ein. Offen heisst, dass die 60 Arbeitswilligen zum Teil von anderen Ortschaften täglich anreisen und nicht im Lager übernachten müssen. Vor dem eigentlichen Beginn der Arbeit üben sich alle in Morgengymnastik. Mittags nehmen alle gemeinsam ihr warmes Essen ein. Ab und an finden Sportwettkämpfe und Geländeübungen sowie Vorträge über staatsbürgerliche Fragen statt. Die Dienstfreiwilligen verrichten ihre Arbeit zusammen mit 22 Gemeindearbeitern. Das Arbeitersportkartell Naumburg setzt im Oktober 1932 ebenfalls 20 Arbeitslose, die 1 560 Tagewerke zum Bau eines Sportplatzes ableisten. In der landwirtschaftlichen Haushaltungsschule legen Arbeitslose einen Garten an. Unter Führung des Bundes der ehemaligen Bürger- und Mittelschüler wird ein Sportplatz gebaut. Weitere Projekte sind das Schwimmbad und Landheim in Eckartsberga, der Sportplatz in Bad Bibra und die Straßenausbesserung bei Rossleben. Grosse wirtschaftliche Sorgen bereitet dem gewerblichen Mittelstand die Schwarzarbeit. Der Kampfbund des gewerblichen Mittelstandes ruft am Vormittag des 30. Januar 1933 zu einer Kundgebung im Ratskeller auf. Kaufmann Schmidt legt dar, dass mit der Beseitigung der Schwarzarbeit ein nicht unerheblicher Teil der Arbeitslosen wieder in Beschäftigung gebracht werden kann. Denn, schätzt der Kampfbundleiter,
werden als Schwarzarbeit vergeben. Auf diese Weise gehen dem Staat hohe Steuereinnahmen verloren und der Mittelstand rutscht, verursacht durch den Preisdruck, ins Proletariat ab. Jetzt muss er zur Selbsthilfe schreiten. Er kann nicht mehr warten. Deshalb schlägt der Kampfbundleiter vor, in Naumburg eine Zentralstelle zu schaffen, die zunächst erzieherisch, im Wiederholungsfalle aber auch abschreckend tätig werden soll. nach oben
Zur Durchführung der Maßnahmen für ein Notwerk der Deutschen Jugend im Arbeitsamtsbezirk Naumburg treffen am 20. Januar 1933 die Vertreter der Kreis- und Kommunalverwaltung, der öffentlichen und privaten Wohlfahrtspflege, der Geistlichkeit und Lehrerschaft, der Jugendorganisationen und wirtschaftliche Vereinigungen der Arbeitgeber mit dem Direktor des Arbeitsamtes Doktor Jentzsch zusammen. Die Idee entwickelten der Reichspräsident und die Reichsregierung, veröffentlicht in der Weihnachtsbotschaft vom 24. Dezember 1932. Die eingesetzten Mittel sind darauf gerichtet, die Jugend körperlich zu ertüchtigen und ihren Willen zur Selbsthilfe zu stärken. Berufskenntnisse und Fähigkeiten sollen vor der moralischen Überalterung bewahrt werden. Ungelernte erhalten die Möglichkeit an Bildungsmaßnahmen teilzunehmen. Für Mädchen sind Lehrgänge in Waschen, Plätten, Ausbessern, Kunststopfen und so weiter vorgesehen. (Vgl. Notwerk)
Freiwilliger Arbeitsdienst (FAD) nach oben
Der Einführung des Freiwilligen Arbeitsdienstes (FAD) im Jahr 1932 ging eine langjährige öffentliche Diskussion voraus. Daran beteiligt waren unter anderem Artur Mahraun und Georg Schiele aus Naumburg. Artur Mahraun (1890-1950), Führer des Jungdeutschen Ordens, hervorgegangen 1920 aus der Offizierskompanie Kassel vom 83. Infanterieregiment zum Kampf gegen die Revolution, veröffentlicht 1924 die Schrift
Die öffentliche Resonanz war gering. Trotzdem werden seine Thesen immer wieder aufgegriffen und gelten "für die Ideologie der Arbeitsdienstpflicht als repräsentativ" (Benz 1969, 319). Im Jahr darauf publiziert Georg Schiele den Naumburger Brief (Heft 2)
Die Herangehensweise weist einige Gemeinsamkeiten mit Mahraun auf. Beide teilen das Axiom, die Blüte der deutschen Mannschaft ging aus dem Kriegsdienst hervor, wo jeder Mann erlernte, nicht nur für sich selbst, sondern für das Vaterland zu sorgen. Der Versailler Vertrag (1919) hat den Deutschen die Schule der Nation genommen. Deshalb muss jetzt der (zweijährige) Arbeitsdienst die Aufgabe der vaterländischen Erziehung übernehmen. Dazu muss er unbedingt eine "produktive Mehrleistung" erbringen. Sowohl Sittliches wie Materielles, ist nach Mahraun und Schiele durch den Arbeitsdienst zu leisten. Über die Freiwilligkeit und Einbindung des Dienstes in den Markt sind sich die Autoren nicht einig. Der Hochmeister will den Arbeitsdienst vom Markt abtrennen. Hingegen bezweifelt der DNVP-Führer, ob das überhaupt möglich ist. Schiele will, dass der Arbeitsdienst freie Erwerbstätigkeit und Lohnarbeit bleibt. Wirtschafts- und Arbeitsleistungen, so seine Überzeugung, kann man nicht in gleicherweise erzwingen wie Kampfleistungen im Krieg. "Wir müssen uns hüten, den Arbeitsdienst kommissmässig zu machen. Darum muss es freiwilliger Arbeitsdienst sein" (1925, 4), nicht aber Pflichtdienst, wie Mahraun es vorschlägt. Das spricht der Deutschvölkische mit List aus, weil für ihn ohnehin klar, dass es nicht sinnvoll ist, ein freiwilliges Arbeitsheer auszuheben. "Wir würden ja," argumentiert er, "den ganzen Schwamm der Unwilligen, Verfaulten, wieder hereinbekommen. Diese würden von vornherein das Werk zersetzen. Ebenso warne ich dringend davor, die Idee des vaterländischen Arbeitsdienstes in der Form einer allgemeinen Heeresdienstpflicht zu pressen." Denn
Dies korrespondiert mit Georg Schieles (1925, 14f.) Überzeugung der Trinität von Wettbewerb, Arbeit und Rassenkampf. "Entscheiden tut zwischen den Völkern der Wettkampf der Arbeit." "Der Rassenkampf wird ausgekämpft mit der einfachsten, treuesten Arbeit." Arbeitsdienst und Arbeitslager lehnen die Arbeiterparteien und Linken ab. Ernst Thälmann (Hamburg) kritisiert am 8. August 1930 an den Arbeitslagern: "Alle bürgerlichen Parteien versuchen, die junge Generation an sich zu fesseln. Sie sind es aber gerade, die die Jungen und Mädel von 17 bis 21 Jahren in die Arbeitszwangsjacke des Arbeitsdienstpflichtgesetzes stecken. Hier sollen sie von Staat 40 Pfennig je Tag bei freier Beköstigung erhalten und in den Dienst des kapitalistischen Staates eingespannt werden ....". Der Funke, die Tageszeitung für Recht, Freiheit und Kultur / Internationaler Sozialistischer Kampf-Bund, erkennt in der Arbeitsdienstverordnung den Vorläufer des Arbeitszuchthauses.
Am 16. Juli 1932 erscheint im Reichsanzeiger Nr. 166 die Verordnung über den freiwilligen Arbeitsdienst (FAD). Ihre Essentials lauten: Gemeinnützigkeit, körperliche und geistige Ertüchtigung des "jungen Deutschen" (Artikel 1), keine Beeinträchtigung der Stellen auf dem freien Arbeitsmarkt (Artikel 2), öffentliche Körperschaften als Träger der Massnahmen (Artikel 3), Eintritt begründet kein Arbeitsverhältnis (Artikel 4), zentrale Mittelbereitstellung (Artikel 5), Bevorzugung von Langzeitarbeitslosen, wie Krisenunterstützungsbezieher oder Wohlfahrtsarbeitslose (Artikel 6). Der Reichsarbeitsminister beziffert die Kosten für jeden Arbeitsdienstwilligen auf 1 000 Reichsmark pro Jahr. Der FAD steht vor allem Jugendlichen im Alter von 18 bis 25 Jahren offen. Als Träger derartiger Maßnahmen kommen Bau- und Forstbetriebe oder soziale Einrichtungen, zum Beispiel die Armenspeisung, in Frage. In jedem Fall muss eine juristische Person, die durch das Arbeitsamt (Naumburg) geprüft und bestätigt wurde, auftreten. Der Träger erhält pro Wochentag und Arbeitsdienstpflichtigen einen Unkostenzuschuss für Verpflegung, Unterkunft und kulturelle Betreuung in Höhe von 2 RM [Reichsmark]. Darin eingerechnet sind je Teilnehmer 0,30 RM Taschengeld pro Wochentag. Alle Teilnehmer sind unfall- und sozialversichert. Die Kosten für Arbeits- und technische Geräte sowie Baumaterial muss der Träger übernehmen, weil dieser auch den Nutzen daraus zieht. Durch die Vorhaben dürfen keine regulären Arbeitsplätze bedroht werden. Die Ersatz-Arbeitsstellen sollen in der Regel im Freien liegen (Pflasterung des Kaiser-Friedrich-Platzes, heute Heinrich-von-Stephan-Platz). Die Dauer des Projekts darf 20 Wochen nicht unter- und bei volkswirtschaftlich wertvollen Vorhaben 40 Wochen nicht überschreiten. Nimmt der Arbeitslose wenigstens zwölf Wochen am Arbeitsdienst teil, erhält er für jeden Wochentag 1,50 Reichsmark gutgeschrieben. Allerdings darf dieses Entgelt nur innerhalb von zwei Jahren, längstens aber 40 Wochen gewährt werden. Ebenso kann man es zum Erwerb einer Siedlerstelle einsetzen. Es entstehen offene und geschlossene Arbeitslager. Ihre Teilnehmer sind praktisch Notstandsarbeiter, nur mit dem Unterschied, dass ihr Geld nicht von der Stadt, sondern vom Reich kommt. Davon macht die Kommune natürlich gerne Gebrauch, spart sie doch knappe Eigenmittel. Trotzdem lehnt Walter Höhne (KPD) in der Stadtverordnetensitzung am 18. August 1932 den Arbeitsdienst ab. "Stadtbaurat [Paul] Schröter versucht den Kommunisten das Wesen des freiwilligen Arbeitsdienstes klarzumachen" und argumentiert weiter: "Lohndrückerei sei das keineswegs. Junge Leute bis zu 25 Jahren würden Beschäftigung finden. Es sei eine zusätzliche Arbeit, die nicht ausgeführt werden könne, wenn sie nach Tariflohn zu bezahlen sei. Dann unterbleibe sie eben. Die Errichtung eines Stadtbades sei in Vorbereitung und Besprechungen in Grundstücksfragen seien bereits im Gange. Es werde also wohl vorwärts gehen mit dieser Sache." - Das Freibad wurde nie gebaut, dafür aber das Langemarck-Denkmal und viele Kasernen.
Am 22. April 1932 stellt die NDSAP-Fraktion in der Stadtverordnetenversammlung einen Antrag zur Sanierung der Gerberlache. Sie stinkt fürchterlich, weshalb viele Spaziergänger den Weg an ihr vorbei zur Schönburg meiden. Im Sommer schwirren unerträglich viele Mücken umher und verleiden den Badespass. Zur Sanierung der Gerberlache müssen mindestens 9 000 Kubikmeter Erde durch die Teilnehmer mit einfachsten technischen Mitteln von der Stromseite der Saale abgetragen und bewegt werden. Ihre fachlichen Instruktionen erhalten sie vom Preußischen Wasseramt in Halle (Saale). Die Gesamtkosten der Maßnahme belaufen sich auf 7 950 Reichsmark und die Gesamtförderungssumme ist auf 7 200 Reichsmark festgesetzt. Als Träger der Maßnahme erscheint in der Öffentlichkeit der Stahlhelm. "Nicht die NSDAP", darauf beharrt der ehemalige 2. Bundesführer des Stahlhelms Theodor Duesterberg (1950, 43), "sondern der Stahlhelm war mit dem freiwilligen Arbeitsdienst bahnbrechend vorausgegangen." Ende 1932 betrieb er 300 bis 400 Arbeitsdienstlager mit 20 000 Jungstahlhelmern. Allein der Mitteldeutsche Landesverband verfügt über 56. Der Träger der Maßnahme soll unpolitisch sein, was man vom Naumburger Stahlhelm wirklich nicht annehmen konnte. Offiziell übernahm die Antragstellung wahrscheinlich der Magistrat von Namburg.
Barbara-Kaserne
(1900),
Die Unterbringung der Teilnehmer des Arbeitslagers erfolgt im ehemaligen Wirtschaftsgebäude der Artilleriekaserne Oststrasse. Wochentags ist im Lager um fünf Uhr Wecken, dann eine halbe Stunde Körperertüchtigung. 6.15 Uhr geht es mit einem fröhlichen Soldatenlied auf den Lippen zur Arbeit. Nach dem gemeinsamen Mittagessen folgt eine Stunde Pause. Der ausgeruhte Körper ist so gerüstet für den zweistündigen Wehrsport. Die wöchentliche Arbeitszeit beträgt 40 Stunden. In der dritten Märzwoche 1933 sind die Arbeiten abgeschlossen. Die Gerberlache existiert nicht mehr. "Die vorzügliche Ausstattung des Stahlhelms Arbeitsdienstlagers in der Ostkaserne hat sich längst herumgesprochen", schreibt das Naumburger Tageblatt im November 1932. "Von nah und fern kommen Anhänger des Arbeitsdienstes, um dieses Musterlager zu sehen und zu lernen, welche Bedingungen erfüllt sein müssen, damit der Arbeitsdienst das werde, was er werden soll: Aufbaudienst an Volk und Vaterland."
Weitsichtige Macher des Arbeitsdienstes erkennen die Schwächen des Projekts. Im Arbeitslager können bei den Jugendlichen Gefühle von Zwang, Eingespanntsein und Disziplinierung aufkommen, was die Durchführung unnötig erschwert. Deshalb soll in Praxis ein lebendiges Gemeinschaftswerk mit kameradschaftlichen Wettbewerb entstehen. Auf diesem Pfad wandelt der FAD im Landjugendheim Eckhartsberga [Lage]. Der Leiter Karl Hemprich [1, 2] kombiniert den Arbeitsdienst mit der Jugendpflege und Volksschularbeit. Den Ablauf dokumentiert er in
Der erfahrene Lehrer betont, dass der Plan "nicht am grünen Tische, sondern in einer Praxis von 15 Fortbildungskursen für arbeitslose Jugendliche und einem freiwilligen Arbeitsdienste von 10 Wochen entstanden." Die Teilnehmer des Arbeitslagers erhalten zu folgenden Themenkomplexen Unterricht: "Der Mensch in der Heimat", "Der Mensch in der Wirtschaft" und "Die Lebensführung". Den Stoff erarbeiten die Lehrer im Unterrichtsgespräch zusammen mit den Schülern. "Dieses darf", warnt Karl Hemprich (1932) ,"natürlich nicht in eine öde Schwätzerei ausarten".
Während des ersten Lagerdurchgangs bauten die Teilnehmer ein Schwimmbad für den Eigenbedarf. Im Herbst 1932, es ist der zweite Durchgang, soll eine Sportanlage geschaffen werden. Unter der Obhut von Karl Hemprich fühlt sich keiner der 36 Jugendlichen eingezwängt oder bevormundet. Der erfahrene Jugendpfleger führt den freiwilligen Arbeitsdienst im geschlossen Lager mit viel Ideen, Einfühlungsvermögen und pädagogischen Geschick. Im Landjugendheim herrscht jenseits aller parteipolitischer Kämpfe Freude am Schaffen. Daran ändert der obligatorische Wehrsport wenig.
Kritik und öffentliche Reputation des Arbeitsdienstes klaffen weit auseinander. Noch lange nach dem Krieg erfreut sich der FAD in weiten Kreisen der Bevölkerung grosser Beliebtheit. "In den FDP Akten liegt das Ergebnis einer Volksbefragung", berichtet am 11. Mai 1950 Der Spiegel (Hamburg). "Danach stimmten 61 Prozent der Befragten für einen Arbeitsdienst in Westdeutschland. 24 Prozent waren sogleich für einen Pflichtarbeitsdienst." Die Freiwilligen Arbeitslager präsentiert man 1932 der Öffentlichkeit als beispielhaften Erfolg. Ihre Installation und Tätigkeit ist von einer aktiven ideologischen Propaganda begleitet. Hier herrscht die Gemeinschaftsethik, behauptet am 20. Oktober 1932 die regionale Presse. Es bildet sich "ein neuer Lebensstil der kommenden Generationen, der alle parteipolitischen und konfessionellen Gegensätze überbrücken hilft". "Es wird selten soviel gelesen am Abend nach des Tages Last und Mühen wie im Freiwilligen Arbeitsdienst." Für viele war der Arbeitsdienst lediglich eine Flucht vor der engen Erbärmlichkeit des Zuhauses. Alle waren getrieben etwas Geld in die Finger zu bekommen und wenn's am Ende nur für ein paar Zigaretten langte. "An diesem Stück proletarischer Wirklichkeit gehen alle FAD-Ideen und Ideologien zum Teufel", schrieb Lehrer im FAD-Lager Leipzig Walter Eichelbaum (*1906) war. Die Pro-Arbeitslager-Propaganda mogelt sich mit dem Argument von der besonderen Form der produktiven Erwerbslosenfürsorge systematisch an unbequemen Tatsachen vorbei: Erstens. Bekanntlich ist Erwerbslosigkeit oft mit Armut und sozialer Chancenlosigkeit vergesellschaftet. Als Folge erodiert das Demokratie- und Rechtsbewusstseins. Dass vom paternalistischen Standpunkt eingebrachte Ziel der Erziehung der Arbeitslosen zur Demokratie, konnte der Stahlhelm, der in Naumburg radikal deutschnational und republikfeindlich agierte, dazu eng mit der örtlichen NSDAP (Friedrich Uebelhoer) zusammenarbeitete, nicht realisieren. Beispielsweise hält der Volksbote aus Zeitz im Bericht über Naumburger Stadtverordnetenversammlung vom 27. Januar 1933 fest: "Im Wege des Freiwilligen Arbeitsdienstes erhält der Stahlhelm das Vorrecht, dort [in der Lehmgrube von Naumburg] seinen militärischen Klimbim unter dem Deckmantel des Freiwilligen Arbeitsdienstes verwirklichen zu dürfen." Zweitens. Der Arbeitsdienst fördert nicht die Qualifikation von Werkmann und -frau. Es besteht die große Gefahr der Dequalifizierung des Facharbeiters und der Verlust an Flexibilität auf dem Arbeitsmarkt. Drittens. Arbeitsdienst und -förderung werden nicht als Instrument der aktiven Konjunktur- und Industriepolitik eingesetzt, sondern dienen der kapitalistischen Verwaltung von Arbeitslosigkeit unter den Bedingungen der Wirtschaftskrise. Viertens. Mit dem Aufbaudienst - und den immer wieder von der Politik eingebrachten ideologischen und national-politischen Erziehungszielen - kann WerkmannFrau sich tendenziell keine wirtschaftliche Existenz aufbauen, die eine stabile Familienversorgung und -kultur sowie Erziehung der Kinder ermöglicht.
Der Jude brachte die Arbeitslosigkeit nach oben Das "Aktionskomitee
zur Abwehr der jüdischen Gräuel und Boykotthetze" (Naumburg)
ruft für den 1. April, 8 Uhr abends zur Kundgebung gegen
das Judentum auf. Tausende Naumburger strömen zum Markt. Der Kreiskampfbundleiter
des gewerblichen Mittelstandes Martin Schmidt tritt an das Rednerpult:
Der Jude ist an der Arbeitslosigkeit schuld, schallt es über den
Platz. - Nicht die schwere Wirtschaftskrise, kontraproduktive Brüningsche
Wirtschaftspolitik oder Erosion des internationalen und deutschen Finanzsystems
infolge des Ersten Weltkrieges verursachte die Massenarbeitslosigkeit
und führten zur Verarmung breiter Volksschichten. Nein, Der
Jude brachte die Arbeitslosigkeit! Eine nicht steigerungsfähige
Indoktrinierung des politischen Bürgers ist erreicht. Tragisches,
Komisches und Burleskes verbinden sich in den Worten des Kreiskampfbundleiters
zu einer unheilvollen Mesalliance, die die Toleranzschwelle der Öffentlichkeit
gegenüber den Maßnahmen zur Unterdrückung der Juden bis
zur Akzeptanz von Schikanen, Verfolgung, Deportation und Mord
senkt.
Die große Arbeitsschlacht nach oben Bei der Volks-, Berufs- und Betriebszählung vom 16. Juni 1933 registriert das Arbeitsamt Naumburg 6 352 Arbeitslose, darunter zwei leitende und 843 einfache Angestellte, 5 373 Arbeiter und 134 Hausangestellte. Oberbürgermeister Friedrich Uebelhoer stemmt beim Durchbruch des Spechartstollen am 24. Februar 1934 die grossen Worte von der
Zunächst war sie nicht vielmehr als die Nutzung der arbeitsmarkt- und konjunkturpolitischen Instrumente der Papen-Regierung und des Schleicher Kabinetts. Das am 3. Dezember 1933 installierte Kabinett Schleicher, förderte die Konjunktur durch verstärkte staatliche Auftragsvergabe und startete dazu Ende Januar 1933 ein Programm in Höhe von 500 Millionen Reichsmark. Am 1. Mai 1933 erfolgte laut Morgenpost auf dem Tempelhofer Feld in Berlin der "größte Aufmarsch aller Zeiten!". Ganz Deutschland hört, hiess es damals, die Führerrede im Radio. Zum Tag der nationalen Arbeit verkündet er den neuen Kurs der nationalsozialistischen Arbeitsmarktpolitik:
Obligatorisch erfolgt die Attacke auf die "marxistische Welt", die in der Arbeitsdienstpflicht einen "Angriff gegen das Proletariat, ein Angriff gegen das Leben des Arbeiters" sieht. In der Tempelhofer-Rede verschmilzt Adolf Hitler die Arbeitslosenfrage mit der nationalen Frage: "Nur dann, wenn hinter der Arbeit die starke Faust der Nation sich erhebt zum Schutz und Schirm, kann aus Fleiss und Arbeit wirklicher Segen erwachsen." Damit ist die öffentliche Diskussion zur Arbeitsdienstpflicht beendet. Das Konzept der produktiven Arbeitslosenfürsorge erlaubte die Zwangsverpflichtung von Erwerbslosen zur Ausführung von Notstandsarbeiten, die auch weitab vom Heimatort eingesetzt und in Lagern untergebracht werden konnten. Bei Weigerung erfolgt der Entzug der finanziellen Unterstützung. Der Arbeitsdienst untersteht der Abteilung für nationale Jugendertüchtigung des Reichsarbeitsministeriums (Mai 1933). Die Selbstverwaltung der Arbeitsämter wird beseitigt. Eine Mitbestimmung der Gewerkschaften sowie der Lohn- und Gehaltsabhängigen gibt es faktisch nicht mehr. Am 1. Juni 1933 tritt das Gesetz zur Verminderung der Arbeitslosigkeit in Kraft, ein Rahmengesetz, dass der Reichsregierung Kredite oder Zuschüsse bis zu einer Gesamthöhe von 1 Milliarde Reichsmark auszureichen erlaubt. Es umfasst:
Sofort nach der Machtübergabe an die Nationalsozialisten beginnen in Naumburg neue Notstandarbeiten und Arbeitsförderungsprojekte: Ausbau der Reichskrone (mit der NSDAP-Kreisleitung), Spechsarttunnel (Kanalisation), Erschließungsarbeiten für die Kläranlage am Zuckerberg, Erweiterung des Wasserleitungsnetzes um das Birkenwäldchen (wo später die Stadtrandsiedlung entsteht), Kanalisation der Danziger Straße, Bau einer zweiten Steigleitung vom Almricher Wasserwerk zu den Hochbehältern, Reparaturarbeiten an Schornsteinen und Häusern sowie die Herrichtung des alten kaiserlichen Postamtes (Lindenring) als Telefonvermittlungszentrale. Dazu werden verstärkt Eigenheime errichtet (Fröbelstraße, Flemminger Weg, Parkstraße). In und um Bad Kösen werden ab April 1933 im Rahmen des Freiwilligen Arbeitsdienstes (FAD) etwa einhundert arbeitslose Jugendliche im Straßenbau (Kukuklauer Strasse, Strasse von Fränkenau nach Möllern) eingesetzt. Im Februar 1934 finden 125 Wohlfahrtsempfänger Beschäftigung bei Notstandsarbeiten. Am Steinkreuzweg, oberhalb der Tennisplätze neben der Sandgrube, wird mit rund 30 Wohlfahrtsarbeitslosen-Geldempfängern, die 4 500 Kubikmeter Erdmassen bewegen, der Großkampf gegen die deutsche Arbeitslosigkeit geführt. "Nur die aufopfernde Tätigkeit des Arbeitsamtsdirektors Dr. Nagel", informiert das Naumburger Tageblatt am 21. März 1934, "und seines Mitarbeiterstabes in Zusammenarbeit mit den zuständigen Landräten, Bürgermeistern und Gemeindevertretern ermöglichten diesen durchschlagenden Erfolg. Im März, April, Mai werden die Arbeitslosen mehr und mehr untergebracht. Wo es in unserem Orte nicht möglich ist, werden mit anderen Arbeitsämtern Verbindungen aufgenommen, um freie Arbeitsstellen zu besetzen, z.B. in Leuna, Halle, Dessau." Im August 1934 ergreift eine Kommission der Stadtverwaltung zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit folgende Maßnahmen:
Bereits die Brüningsche Notverordnung vom 30. Mai 1932 sah Massnahmen zur Verringerung des weiblichen Beamten im höheren Verwaltungsdienst vor. Am 22. Juni 1933 beschliesst die Stadtverordnetenversammlung von Naumburg:
Hitler-Regierung und Stadtverwaltung stehen unter einen enormen Erwartungsdruck, weshalb man gerne jede positive Nachricht aufgreift. Im Frühjahr 1934 informiert eine Pressemeldung darüber, daß ein Chemie-Werk, womit wahrscheinlich Leuna gemeint ist, 7 000 bis 9 000 Arbeiter einstellen will. Wenig später wird dies als irreführend bezeichnet. Es handelt sich lediglich um 2 000 bis 3 000 Stellen.
Die Nationalsozialisten knüpfen in der Arbeitsmarktpolitik an die Erfahrungen mit den offenen und geschlossenen Arbeitslagern der Papen-Regierung (1.6.1932-3.12.1932) an. Allerdings stellte für sie die Notverordnung zum Freiwilligen Arbeitsdienst, wie Hans Wilhelm Scheidt (11) in einer Nationalpolitischen Aufklärungsschrift von 1935 erläutert, eine Verwässerung dar. "Die Männer, welche sich die Brüning unterzeichnete Notverordnung ausgedacht hatten, hatten nicht das leiseste Gefühl für den Wert des ideellen Gehalts, der in der Arbeitslageridee steckte." (Scheidt) Oberst a. D. Konstantin Hierl (1875-1955), Beauftragter der NSDAP für den Arbeitsdienst, forderte im Dezember 1932 die Einführung des Pflicht-Arbeitsdienstes. Die Losung "Arbeitsdienst ist die Schule der Nation" knüpft an das Jungdeutsche Manifest (1927) von Artur Mahraun an. Der ehemalige stellvertretende NSDAP-Gauleiter von Halle-Merseburg und jetzige Gauarbeitsführer Karl Simon (1885-1961) berichtet in Der Aufbau des A r b e i t s g a u e s 1 4 [Gau Halle-Merseburg] stolz, dass der
- so hieß im damaligen System die Tarnung" - mit 317 Personen in das Jahr 1933 eintrat. Die ersten Arbeits-Versuchs-Lager der NSDAP wurden eröffnet: am 1. Oktober 1932 in Zeitz, am 14. November 1932 in Gruna, am 18. November 1932 in Radis und am 13. Dezember 1932 in Pratau. Im Zeitzer-Lager waren damals etwa 60 bis 70 Personen eingebunden. Am 16. Mai 1933 gliedert sich eine Gruppe aus Bad Kösen an. Mitte 1934 umfasst das Lager etwa 550 Personen, die in der Moritzburg von Zeitz untergebracht sind. Eine Gruppe ist zur Elsterregulierung bei Bornitz eingesetzt. Eine andere arbeitet bei den Wasserdörfern, die oft von Überschwemmungen betroffen sind. Weitere Lager existieren zu dieser Zeit in Freyburg an der Unstrut und in Laucha. Ende April 1933 wird der FAD aus der Verantwortung des Präsidenten des Arbeitsamtes Mitteldeutschland herausgelöst. Zuständig sind jetzt ein Bezirksführer (Generalmajor a. D. von Schickfuß und Neudorf) und ein Bezirkskommissar (Kapitänleutnant a. D. Ulrich). Per 30. September 1933 erfolgt die Auflösung der Bezirksführungen. Nunmehr zeichnet für den FAD allein der nationalsozialistische Arbeitsdienst verantwortlich, der auch die Arbeitslager des Stahlhelms übernimmt. Der Arbeitsgau 14 (Merseburg) konstituiert sich mit seinem Führer Karl Simon (1885-1961) am 14. Oktober 1933. Konstantin Hierl übernimmt am 3. Juli 1934 das Amt des Reichskommissars für den Freiwilligen Arbeitsdienst (FAD). Das RAD-Führerkorps weist auch im Vergleich zu anderen Berufsgruppen eine "sehr starke institutionelle und organisatorische Bindung an den Nationalsozialismus" (Hansen 234) auf. Am 26. Juni 1935 wird per Gesetz der Reichsarbeitsdienst (RAD) eingeführt. Es waren "Freikorps der Arbeit!". Wie sie hatten die Arbeitslager "eine Idee" und ein "gemeinsames Erlebnis". "Dort ging es um die Ehre der Nation, hier um die Ehre der Arbeit." (Scheidt 10) Gesetz über den Freiwilligen Arbeitsdienst (FAD) erlassen.
"Der Arbeitsdienst muss ja seinem ganzen Wesen nach nationalsozialistisch sein", bestimmt der Reichskommissar für den Freiwilligen Arbeitsdienst Konstantin Hierl (1875-1955) in seiner Rede am 9. Juni 1936 zum Ehrentag des Reichsarbeitsdienstes. Der nunmehr reguläre sechsmonatige Dienst in vormilitärischer Form stellt eine Art Zwischenglied zwischen Hitlerjugend und Militärdienst dar. Beim Meldeamt 97, Große Fischstraße 23 (1939/40), kann sich jeder zwischen dem vollendeten 17. und vollendeten 25. Lebensjahr zum Ehrendienst am deutschen Volk bewerben. Die Frist hierfür läuft zehn Wochen vor der Einberufung ab. Arbeitsdiensttauglich ist, wer die deutsche Staatsbürgerschaft, deutsches oder artverwandtes Blut besitzt (!), gerichtlich nicht vorbestraft und unverheiratet ist, seine Lehrzeit beendet hat oder die Einwilligung der Lehrstelle für einen vorzeitigen Abschluss vorlegen kann. Mit Spaten und Ehre geht es zum sechs- bis zwölfmonatigen Pflichteinsatz. In der Regel erfolgt dieser in militärisch organisierten Lagern. Sie dienen der Herausbildung einer wahren deutschen Arbeitsauffassung. Der Staat leistet hier Erziehungsarbeit im Sinne der nationalsozialistischen Volksgemeinschaft. Die Bezahlung liegt kaum über dem Arbeitslosengeld. Beim Autobahnbau im Abschnitt Weißenfels sind im Februar 1935 zirka 2 000 Volksgenossen beschäftigt. Ihre Zahl steigt bis zur Fertigstellung dieses Abschnitts auf 5 000. Naumburger sind im Raum Königshofen (nahe Eisenberg) bei der Mitteldeutschen Tiefbaugesellschaft [Otto] Polensky und Dr. Rathjens (gegründet am 16. Juni 1922, aufgelöst am 18. Juli 1938), Kösener Straße 19 (1930), tätig. Sie verdienen 47 Pfennig je Arbeitsstunde. Für 40 Stunden sind dies 18,80 Reichsmark Brutto. Trotzdem spielt der RAD bei der Senkung der Arbeitslosigkeit in Naumburg eine untergeordnete Rolle. Der Dienst für Mädchen kommt aus verschiedenen Gründen nicht über die Anfänge hinaus. Das Arbeitsamt Naumburg wird am 1. September 1940 aufgelöst.
Zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit stellt die Reichsregierung Oktober 1933 im Rahmen des Zweiten Gesetzes zur Minderung der Arbeitslosigkeit 500 Millionen Reichsmark für Instandsetzungs-, Ergänzungs- und Umbauarbeiten an Gebäuden zur Verfügung. Zur regionalen Umsetzung der Maßnahmen gründet sich unter Leitung von Oberbürgermeister Friedrich Uebelhoer ein Kreisarbeitsausschuss. Ihm gehören unter anderen an: Innungsobermeister Gustav Wesemann (Kaiser-Wilhelms-Platz 16), Doktor Ing. Joachim Rathjens (Kösner Straße 19), Stadtrat Schmidt, Arbeitsamtsdirektor Doktor Nagel, Betriebszellenobmann Robert Leonhardt, ein Vertreter der Sparkasse und Bürgermeister Karl Roloff. Im "Interesse der Arbeitsbeschaffung" ruft dieses Gremium im Februar 1934 die Hausbesitzer unter Nutzung des Reichszuschusses zum Einbau von Spülklosetts auf.
"Der Opferwille des einzelnen und das Fühlen und Denken als Volksgemeinschaft sollen dem Arbeitsbeschaffungsprogramm der nationalen Regierung das wichtigste Fundament sein." Dazu dachte sich die Reichsleitung der NSDAP eine Geldlotterie mit einem Höchstgewinn von 200 000 Reichsmark aus. Sie soll den Volksgenossen, "die seit Jahren vergeblich nach Arbeit suchen und denen das Wort Arbeitslohn bereits fremd geworden war, wieder in den Rhythmus der Arbeit" einschalten. (Vgl. Lotterie) Die Bautätigkeit - Kasernenbau, privater und öffentlicher Wohnungsbau - belebt die wirtschaftliche Tätigkeit, führt zur Einstellung von Arbeitskräften. Ein Bündel von Gesetzen segmentiert den Arbeitsmarkt der Lohn- und Gehaltsabhängigen zur Schaffung von Arbeitsplätzen. Hierzu rechnen: Erstes Gesetz zur Verminderung der Arbeitslosigkeit (1. Juni 1933), Gesetz über die Errichtung des Unternehmens Reichsautobahnen (27. Juni 1933), Gebäudeinstandsetzungsgesetz (21. September 1933), Steuersenkungen für Wohnungsbau und Landwirtschaft (21. September 1933) und Einführung der allgemeinen Wehrpflicht (16. März 1935). Das Gesetz zur Ordnung der nationalen Arbeit (AOG) vom 20. Januar 1934 überträgt das Führerprinzip auf die Unternehmen. Es schafft die Betriebsräte ab, höhlt das Mitbestimmungsrecht aus und annulliert die Tarifverträge. Die Arbeitnehmer, die jetzt Gefolgschaft heissen, sind zum unbedingten Gehorsam verpflichtet, und zugleich von den eigentlichen betrieblichen Entscheidungsprozessen ausgeschaltet, stehen also zum Arbeitgeber - jetzt Betriebsführer - im Verhältnis der Hörigkeit. In Betrieben mit mindestens zwanzig Arbeitnehmern besteht ein sogenannter Vertrauensrat.
berichtet der Oberbürgermeister Friedrich Uebelhoer am 27. Januar 1934,
den Höchststand erreicht. Seit dieser Zeit ist infolge der Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen eine rückläufige Bewegung zu beobachten. Am 23. November 1933 war die Zahl der Unterstützungsempfänger auf 1 760 gesunken." (Haushaltssatzung 1934, 21) Aber noch sind die Naumburger Leuna-Arbeiter stark von der Arbeitslosigkeit betroffen.
Das politische Misstrauen
gegenüber den Arbeitslosen bleibt bestehen. Die Geheime Staatspolizei
Berlin ordnet am 22. August 1933 für die Staatspolizeistellen
eine
in Zivil an (vgl. Gestapo 22.8.1933).
Der freie Wahl des Arbeitsplatzes wird 1935 durch Einführung des "Arbeitsbuches" eingeschränkt.
Im Allgemeinen scheitert die Integration der Arbeitslosen in Naumburg nicht an den sogenannten Vermittlungshemmnissen, sondern an fehlenden Arbeitsplätzen. In dieser Situation wecken bei den Verantwortlichen die Übungsfirmen besonderes Interesse. Sie erhöhen sofort statistisch die Zahl der Arbeitsplätze, ohne wirklich ein betriebswirtschaftlich fundiertes Arbeitsangebot darstellen zu können. "Der Grundgedanke unserer jetzigen Wirtschaft ist und bleibt", heisst es 1934 in einen Bericht, "die Uebungsfirmen als Schulungsstätten nationalsozialistischer Wirtschaftsauffassung auszubauen und die darin erfassten Berufskameraden und -kameradinnen zu rechten Nationalsozialisten auf diesem Gebiet heranzubilden." (Übungsfirma) Finanziert werden sie durch das Arbeitsamt und zum Teil durch Verbände und Organisationen. Im Arbeitsamtsbezirk Naumburg sind Übungsfirmen im Bereich Textil-, Kolonial-, Landesproduktgross- und Eisenwarenhandels aktiv. Beispielsweise vertreibt die (Spiel-) Firma F.H. Rudolf Krister Kleider. Ihre Gefolgschaft erscheint nicht in der Arbeitslosenstatistik. So leisten sie einen Beitrag zum statistischen Erfolg der großen Arbeitsschlacht. Schwerer als die mit den Übungsfirmen einhergehende systemische Manipulation der Arbeitslosenstatistik, wiegt die Infantilisierung der Teilnehmer in einer Scheinbeschäftigung. Auf die Frage, wer das Unzumutbare, oft Nutzlose und Selbstzerstörerische aus freien Willen wählt, gibt der Reichsamtsleiter des Außenpolitischen Amtes (APA) der NSDAP Hans Scheidt 1935 (10) folgende Antwort:
Die Gruppe der ausländischen Arbeitskräfte stellt für Naumburg kein Problem dar. In der Stadt arbeiten per 14. Dezember 1933 neunzehn ausländische Bürger. Sie sind zum Beispiel beim Apotheker Dr. Emil Dencks (Markt 2), in der Privatklinik von Dr. Grüneisen, Facharzt für Chirurgie (Wenzelsring 8), oder beim Konditormeister Walter Furcht am Markt 3 angestellt.
Der preußische und Reichsminister für Erziehung hebt mit dem 1. April 1935 den 1931 erlassenen Einstellungsstopp für Lehrer auf. An erster Stelle bei der Wiedereinstellung stehen die Kriegsgeschädigten. An zweiter Stelle berücksichtigt man die Frontkämpfer. Danach folgen die anderen Kriegsteilnehmer.
Im Ergebnis der Einführung der progressiven Einkommensteuer Im Jahr 1920, führte die Versteuerung eines berufstätigen Ehepaars oft zu Nachteilen, weil ihr geimeinschaftlich zu versteuerndes Einkommen einem höheren Steuersatz unterlag als bei der Individualbesteuerung. Um dies zu verhindern wurde 1925 das Einkommen der Ehefrau aus Erwerbsarbeit getrennt besteuert. Vorausgesetzt es wurde nicht im Betrieb des Ehemanns erzielt. 1934 wurde wieder die Zusammenveranlagung eingeführt, was von durchschlagender Wirkung auf dem Arbeitsmarkt war. Ehefrauen wurden aus beruflichen Tätigkeit verdrängt. Als die Arbeitskräfte nach Beginn des Krieges knapp, wurde 1941 eine entsprechende Ausnahmeregelung in Sinne der Zuammenveranlagung eingeführt.
"Wir brauchen jede Arbeitskraft", fleht am 28. Januar 1938 die Mitteldeutsche National-Zeitung. Der Kampf gegen die Doppelverdiener muss ein Ende haben. Wir dürfen niemanden von der Arbeit ausschliessen, heisst es jetzt, denn der Industrie fehlt vor allem technisches Personal. Infolge der Wehrpflicht und expandierenden Rüstungsindustrie entstand ein Mangel an Fachkräften. Zudem drohten Konkurrenzverhältnisse, die praktisch seit 1933 stagnierenden Löhne in die Höhe zu treiben. Die damit verbundene Fluktuation der Arbeitskräfte störte das Wachstum der Rüstungsindustrie. Mit der Verordnung zur Sicherstellung des Kräftebedarfs für Aufgaben von besonderer staatspolitischer Bedeutung vom 22. Juni 1938 wurde dies eingedämmt. "Arbeitsplatzwechsel nur mit Erlaubnis des Arbeitsamtes", titelt das Naumburger Tageblatt am 9. März 1939. Arbeitnehmer konnten jetzt zwangsverpflichtet werden. Der Arbeitsmarkt unterlag damit verschärften staatlichen Lenkungsmassnahmen. Auch das Gesetz über die Einführung eines Arbeitsbuches vom 26. Februar 1935 stellte auf die zweckmäßigste Verteilung der Arbeitskräfte ab. 1936 wurde der Vierjahresplan erlassen. Er soll den Importbedarf an Rohstoffen und Agrarprodukten durch Steigerung der Eigenproduktion senken (Autarkisierung). Das lag voll im Interesse des I.G. Farben-Konzerns, zu dem die Ammoniakwerk Merseburg GmbH - Leuna Werke gehörten. Das Arbeitsangebot in Naumburg verbessert sich quantitativ (!). In den Rüstungsbetrieben der Umgebung entstehen neue Arbeitsplätze. Die Wintershall AG erbaut in Lützkendorf (1935) ein neues Hydrierwerk zur Benzinherstellung. In Tröglitz bei Zeitz verflüssigt ab 1937 die BRABAG (Braunkohle-Benzin AG) nach dem Bergius-Pier-Verfahren Kohle. Für das Luftzeugamt in Kölleda und die Heeresnachrichtenschule in Halle werden Bauten errichtet. 1935 erweitert sich das Sprengstoffwerk Reinsdorf. Mit der weiter expandierenden Rüstungsindustrie füllten sich die Auftragsbücher der Bauindustrie. In Naumburg wird die Hubertus- (1935), Hindenburg- (1936), Lüttich-Kaserne (1938) errichtet. Etwa 500 Personen finden 1935 im Heereszeugamt, Nachschubstelle für sämtliche Waffen und Geräte des IV. Armeekorps, eine feste Anstellung. Das Arbeitsamt der Saalestadt meldet im Mai 1937 im Vergleich zum Vorjahr erneut einen Rückgang der Arbeitslosenzahlen um 60 Prozent. Jetzt sind nur noch 645 Männer und 214 Frauen arbeitslos. Die Sandgruben, Kalksteinwerke, der Bibraer Steinbruchbetrieb, Ziegeleien und die Portlandzementfabrik in Bad Kösen suchen noch Arbeitskräfte. Im Sommer 1938 helfen in der Naumburger Landwirtschaft Italiener, Ungarn, Rumänen und Jugoslawen aus. Für 1939 liegt dem Arbeitsamt Naumburg eine Bedarfsmeldung in Höhe von 800 ausländischen Arbeitskräften vor.
Der Direktor der Luisenschule Dr. Benno Liebers jubelt 1934:
Darum kümmern sich der BDM und die NS-Frauenschaft. Sie fordern:
Zu diesem Zweck sollen die jungen Mädchen das Hauswirtschaftliche Jahr absolvieren. Die Führung übernehmen Reichsfrauenführerin Gertrud Schlotz-Klink (1902-1999), Reichsjugendführer Baldur von Schirach (1904-1974) und der Präsident der Reichsanstalt für Arbeitsvermittlung / Arbeitslosenversicherung Doktor Friedrich Syrup (1881-1945) mit den ihnen unterstellten Ämtern. So gestalten sie auf ihre Weise den Arbeitsmarkt, der, wegen seiner Befehlsnatur und der bestehenden Ausgrenzungen, eigentlich keiner ist. Bei der NS-Frauenschaft oder dem Arbeitsamt müssen sich die Haushalte registrieren lassen und einer Eignungsprüfung unterziehen. nach oben Die Durchführung dieser Maßnahmen soll in einem nationalsozialistischen Haushalt erfolgen, empfiehlt das Mitteilungsblatt des Obergaus 15 Mittelland (Folge IV/35). Angeworben werden die Mädchen durch die NS-Frauenschaft. Oder die Eltern sprechen gemeinsam mit ihrer Tochter nach Abschluss der Schule beim Arbeitsamt vor.
Im Anlernjahr erfolgt die Betreuung durch den BDM. Die Hausfrau wiederum verpflichtet sich, das Mädel an Heimabenden und Wanderungen teilnehmen zu lassen und es mit einem kleinen, angemessenen Taschengeld auszustatten. Bei Beendigung der Tätigkeit erhält es ein Arbeitszeugnis. - Nach getaner Arbeit können sich die BDM-Mädchen vierzehn Tage lang in einem Heim in Eckartsberga mit einer Selbstbeteiligung von 4,20 Reichsmark erholen (1935).
Entmodernisierung nach oben Nach Hitlers Machtübernahme sinkt in Naumburg die Zahl der Erwerbslosen deutlich. Es ist das Ergebnis verschiedenster Massnahmen, wie: öffentliche Investitionen in die Infrastruktur (Abwasserentsorgung), Instandsetzung von Gebäuden, Strassen und Wegen, Anreize für die Modernisierung und den Neubau privater Wohnungen, Belebung des Arbeiterwohnungsbau (Stadtrandsiedlung am Sperlingsholz), Einrichtung von Arbeitslagern (FAD), Autobahnbau im Abschnitt Weißenfels (Reichsarbeitsdienst), Ausbildung in Übungsfirmen, Splittingverfahren oder Rückdrängung von Familien mit Doppelverdienern. Der Staatsapparat expandiert. Die Partei nebst gleichgeschalteten Organisationen bläht sich auf, wo so mancher eine Anstellung findet. Der entscheidende Arbeitsbeschaffungseffekt resultiert aus der Militarisierung der Stadt. Viele Arbeitslose kommen beim Bau der Kasernen (Bilder) und dem Ausbau der Infrastruktur (Wege, Strassen, Telefonnetz, Elektroenergie, Gas, Bahnanschluss) unter. Ebenso trägt die Einführung der allgemeinen Wehrpflicht am 16. März 1935 wesentlich zur Senkung der Jugenderwerbslosigkeit bei.
Regionale und nationale Institutionen koordinieren die Operationen der grossen Arbeitsschlacht. Praktisch findet die Arbeitsvermittlung ohne gewerkschaftliche Mitbestimmung statt. Arbeitslose unterliegen einer verstärkten Kontrolle und Repression. Die nationalsozialistische Geschlechterpolitik erschwert den weiblichen Arbeitskräften den Zugang zur bezahlten gewerblichen Arbeit. Weibliche Schulententlassene werden in das Hauswirtschaftliche Jahr abgedrängt. Im Krieg ändert sich das wieder. Die NS-Propaganda stilisiert die Frau zur Kampfgefährtin des Mannes und muss jetzt in der Landwirtschaft oder im Leuna-Werk schwere körperliche Arbeiten übernehmen. Von gleicher politischer Provenienz wie die Geschlechterpolitik sind das Splittingverfahren und das Verbot der Doppelbeschäftigung von Beamten und Angestellten in der Stadtverwaltung. Neue
Berufsbilder eröffnen nach der Machtergreifung 1933 neue Karrierechancen.
Jetzt kann man KZ-AufseherIn werden. "Um die Anstellung im KZ-Lager
[Lichtenburg] habe sie sich lediglich beworben, um eine feste Anstellung
zu erhalten", sagte die KZ-Aufseherin Gertrud
Rabestein aus Naumburg 1948 vor Gericht.
Anmerkung 1: Die Revolverschnauze war der NSDAP-Politiker Heinrich Bachmann (1903-1945), Mitglied im Verwaltungsrat der Mitteldeutschen Landesbank, Abgeordneter des Provinziallandtages der Provinz Sachsen und bis 1945 Reichstagsabgeordneter. Ab Januar 1935 Vorsitzender der Gauarbeitskammer in Halle-Merseburg. zurück Anmerkung 2: Max Staps, geboren am 22. September 1896 in Eineborn (Kreis Stadtroda), Elektriker, ein Kind, verheiratet. Bestraft wegen Diebstahl und Unterschlagung (nach amtlichen Angaben von 1932). zurück Anmerkung 3: Liste 1: Sozialdemokratische Partei Deutschlands - Dr. Hertz, Peters, Bergholz, Schob zurück
Ablenkungsmanöver auf dem DMW-Verbandstag. "Die Rote Fahne. Zentralorgan der kommunistischen Partei Deutschlands", Berlin, den 24. August 1932 [Anträge] Sitzung der Stadtverordneten. "Volksbote. Sozialdemokratisches Organ für die Kreise Zeitz, Weißenfels, Naumburg". Zeitz, den 30. Oktober 1931 Arbeiten der Notzeit zwischen Saale und Unstrut. "Naumburger Tageblatt", Naumburg, den 20. Oktober 1932 [Arbeitsdienst] Genug fähige HJ Führer. Der Spiegel, Hamburg, 11. Mai 1950, Seite 24 bis 26 [Arbeitsamt Naumburg] Niederschrift über Geschäftsführenden Ausschuss des Arbeitsamtes Naumburg am Donnerstag, dem 10. September 1931. Akten des Landkreis Ausschusses Naumburg a. d. Saale, Landeshauptarchiv Sachsen-Anhalt, Merseburg, Rep. C 50, Naumburg B, No. 346 Arbeitsamt Naumburg an der Saale. Nordstrasse 13. Brief an den Herrn 1. Bürgermeister der Stadt Naumburg als Ortspolizeibehörde vom 24. Februar 1933. In: Stadtarchiv Naumburg (Saale). Sonderakten Polizeiverwaltung Naumburg a. D. Saale, Massnahmen zur Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung. Angefangen 1920, Geschlossen 1937. Archivnummer 5617 Arbeitsbeschaffung höchstes Ziel. "Naumburger Tageblatt", Naumburg, den 26. Januar 1933 [Arbeitslosentag] Grosse internationale Kommunistenpleite. Verpuffter Revolutionsklamauk. Neue Blutschuld - Tote in Halle - Zahlreiche Schwerverletzte. "Volksstimme", Magdeburg, den 8. März 1930 Der Arbeitslose. "Volksstimme", Sozialdemokratisches Organ für den Regierungsbezirk Magdeburg, Magdeburg, den 7. Februar 1919 Arbeitslosenversorgung in der Notverordnung. "Volksbote. Sozialdemokratisches Organ für die Kreise Zeitz, Weißenfels, Naumburg". Zeitz, Dienstag, den 30. Juni 1931 [Arbeitsnachweis Naumburg] Acta der Kreisauschüsse des Kreises Naumburg (Saale) 1918. Landeshauptarchiv Sachsen-Anhalt, Merseburg, Rep. C 50 Naumburg, Nummer 343 [Arbeitsnachweis] Aus dem städtischen Arbeitsnachweise. "Naumburger Tageblatt", Naumburg, den 12. September 1921 Aufruf zur Mitarbeit an der wirtschaftlichen Gesundung des deutschen Volkskörpers. Reichsamt für wirtschaftliche Demobilisation und Ministerium für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung, März 1919 [Aufruf] Vfg. Aufruf an die Bürgerschaft. Bekanntmachung an das Naumburger Tageblatt und zum Aushang. Stadtverwaltung Bad Kösen, 6. Februar 1932, Stadtarchiv Bad Kösen (2009) [Aufruf] Vfg. 1. Bekanntmachung. Aufruf an die Bürgerschaft. Stadtverwaltung Bad Kösen, 12. Oktober 1932, Stadtarchiv der Stadt Bad Kösen (2009) [Bantau, Paul] Vorladung von Paul Bantau aus Halle (Saale) vor das Amtsgericht in Bad Kösen für den 6. Dezember 1932, Stadtarchiv der Stadt Bad Kösen (2008) Bauer, Karl (Herscheid, 1921-1938): Erinnerungen an Naumburg. Internetseite des Stadtmuseums Naumburg, www.museumnaumburg.de, Januar 2006 [Bericht Juni 1926] Bericht über die Nachprüfung der unterstützenden Erwerbslosenfürsorge beim Arbeitsnachweis Naumburg, Regierungsbezirk Merseburg. Naumburg, den 15. Juni 1926. Stadtarchiv Naumburg, Sonderakten des Magistrats der Stadt Naumburg an der Saale. Rechnungen des Arbeitsnachweises, Band b, Vorakten: 32.35, Signatur 358 Benz, Wolfgang: Vom freiwilligen Arbeitsdienst zur Arbeitsdienstpflicht. In: Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte, Deutsche Verlags-Anstalt Stuttgart, 16 (1968), Heft 4, Seite 317 bis 346 Blaich, Fritz: Der Schwarze Freitag. Inflation und Wirtschaftskrise. Deutscher Taschenbuchverlag, München 1985 [Braun, Otto] Brief des Preußischen Ministerpräsidenten Braun an den Reichskanzler (Bericht). "Volksstimme", Tageszeitung der sozialdemokratischen Partei im Regierungsbezirk Magdeburg, Magdeburg, den 26. Oktober 1930 Dammert, Dora, Naumburg (um 1929): Schulwege. Internetseite des Stadtmuseums Naumburg, www.museumnaumburg.de, Januar 2006 Die KP. marschiert? "Volksbote. Sozialdemokratisches Organ für die Kreise Zeitz, Weißenfels, Naumburg." Zeitz, den 17. Juli 1931 Die lächelnde Linse. Zeitgeschichtliche Bilderchronik des Wahren Jacob. Der Wahre Jacob, Berlin 1930, Nummer 4, Seite 3 "Die Rote Fahne". Berlin, den 6. März 1930 Die Zustände beim Naumburger Arbeitsamt. Massenversammlung der Gewerkschaftsmitglieder. "Volksbote. Sozialdemokratisches Organ für die Kreise Zeitz, Weißenfels, Naumburg". Zeitz, den 24. Juli 1930 Diederichs, Eugen:
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Brot. [Plakat, fotografisch bearbeitet]. Siehe auch: Stadtarchiv Naumburg
(Saale). Sonderakten Polizeiverwaltung Naumburg a. D. Saale, Massnahmen
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1937. Archivnummer 5617 Geheime Staatspolizei, Berlin, den 22. August 1933. An alle Staatspolizeistellen. Landeshauptarchiv Sachsen-Anhalt, Merseburg, Rep. C 48, Ie, 1166 Gewerkschaften und Arbeitsamt. "Naumburger Tageblatt", Naumburg, den 29. Januar 1930 Gladen, Albin: Geschichte der Sozialpolitik in Deutschland. Eine Analyse ihrer Bedigungen, Formen Zielsetzungen und Auswirkungen. Franz Steiner Verlag GmbH, Wiesbaden 1974 Grunert, Otto: Willkommen
zum Fest der Arbeit. Fest der Arbeit in Naumburg a. S.. Haber, Fritz: Die Chemie des Krieges. Vortrag, gehalten vor den Offizieren des Reichswehrministeriums am 11. Oktober 1920. In: Fünf Vorträge. Aus den Jahren 1923 - 1923. Julius Springer Verlag, Berlin 1924; Seite 25 bis 41 Hansen, Michael: "Idealisten" und "gescheiterte Existenzen". Das Führerkorps des Reichsarbeitsdienstes. Inaugural-Dissertation zur Erlangung des Grades eines Doktors der Philosophie am Fachbereich III, der Universität Trier im Fach Geschichte Tag der mündlichen Prüfung: 26. April 2004 Hemprich, Karl: Der Mann in der Jugendbewegung. In: Karl Hemprich: Jugendbewegung und Jugendwohlfahrt. Verlag Friedrich Stollberg, Inhaber Ernst Schnelle Merseburg, ohne Jahr [wahrscheinlich 1925], Seite 8 ff. Hemprich, Karl: Für
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Quante. Festschrift zu seinem 100. Geburtstage mit einem Werkverzeichnis
von Klaus Marowsky, Kunstverein Minden e.V., 1976 [Stadtverordnetensitzung 18. August 1932] "Naumburger Tageblatt", Naumburg, den 19. August 1932 [Stadtverordnetensitzung 25. August 1932] Ausserordentliche Stadtverordnetensitzung über Erwerbslosenfragen. "Naumburger Tageblatt", Naumburg, den 26. August 1932 Sitzung der Stadverordneten. "Volksbote, Sozialdemokratisches Organ für die Kreise Zeitz, Weißenfels, Naumburg." Zeitz, den 28. Januar 1933 Stärkt und stützt die Arbeiter-Turn-und-Sportbewegung. "Volksbote. Sozialdemokratisches Organ für die Kreise Zeitz, Weißenfels, Naumburg". Zeitz, Dienstag, den 21. April 1931 Steffen, Johannes: Notstandsarbeit. Fürsorgearbeit. Pflichtarbeit. Freiwilliger Arbeitsdienst. Die öffentlich geförderte bzw. erzwungene Beschäftigung in der Weimarer Republik. - 1918/19 bi 1932/33. Bremen, Juni 1994 [Steuern] "Die Stadtverordneten lehnen neue Steuern ab - aber sie werden trotzdem kommen". "Naumburger Tageblatt", Naumburg, den 26. Juni 1931 [Suizid] "Naumburger Kreisblatt. Provinz und Nachbarstaaten. Naumburg." Nummer 160, Mittwoch, den 13. Juli 1881 Tarn, Thomas: Unsichtbare Arbeitslosigkeit. In: Die Weltbühne. XXVIII. Jahrgang, Nummer 38, 20. September 1932; Seite 440 bis 441 Thälmann, Ernst: Wir stürmen für Sowjetdeutschland! Rede in Hamburg am 8. August 1930. In: Hamburger Volkszeitung, 13. und 14. August 1930. In: Ernst Thälmann: Reden und Aufsätze zur Geschichte der Arbeiterbewegung. Band 2. Auswahl aus den Jahren 1929 bis September 1930. Dietz Verlag, Berlin 1956, Seite 251 ff. [Tribüne] Stadtparlament mit Tribünenlärm. "Naumburger Tageblatt", Naumburg, den 24. Juni 1932 [Turnfest] Ein neuer Anschlag gegen das Bezirks-Turn-Fest. "Volksbote. Sozialdemokratisches Organ für die Kreise Zeitz, Weißenfels, Naumburg". Zeitz, den 23. Juli 1930 Überfall auf
Bürgermeister Schuster. "Naumburger Tagesblatt", Naumburg,
den 7. Oktober 1931 [Übungsfirma] Ein Besuch bei der Firma F.H. Rudolf Krister. "Naumburger Tageblatt", Naumburg, den 4. Oktober 1934 Umbreit, Paul: Der gewerkschaftliche Wiederaufbau nach dem Kriege. Verlag für Sozialwissenschaften GmbH, Berlin 1918 Unglaubliche Methoden beim hiesigen Arbeitsamt. Ortsausschusssitzung des ADGB. Rittergutsbesitzerssohn erhält volle Arbeitslosenunterstützung. "Volksbote. Sozialdemokratisches Organ für die Kreise Zeitz, Weißenfels, Naumburg", Zeitz, den 10. Juli 1930 [Unternehmerverbände] Die Unternehmerverbände an den Reichsarbeitsminister. 22. August 1928. "Akten der Reichskanzlei. Weimarer Republik" online. Nr. 17, Die Unternehmerverbände an den Reichsarbeitsminister. 22. August 1928, Bundesarchiv, R 43 I /2033 , Bl. 266, 261 f., 264 f. Vagabunden
Verboten - Verweigert - Abgelehnt. "Volksbote. Sozialdemokratisches Organ für die Kreise Zeitz, Weißenfels. Naumburg", Zeitz, den 26. Juli 1930 Verordnung über Erwerbslosenfürsorge vom 13. November 1918 "Verschwundene Arbeitslose." Sichtbare und unsichtbare Arbeitslosigkeit. "Leipziger Volkszeitung. Organ für die Interessen des gesamten werktätigen Volkes." Leipzig, den 3. Oktober 1932, Seite 3 Vfg. Bekanntmachung an das Naumburger Tageblatt. Bad Kösen, Stadtverwaltung, Magistrat, 6. Februar 1931 Vfg. Bekanntmachung an das Naumburger Tageblatt. Bad Kösen, Stadtverwaltung, Magistrat, 12. Oktober 1932 [Vierjahresplan] Hitlers Denkschrift zum Vierjahresplan 1936. In: Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte. Institut für Zeitgeschichte München, Jahrgang 3, München 1955, Heft 2, Seite 184 bis 210 Wahlmanöver im Naumburger Stadtparlament. "Volksbote. Sozialdemokratisches Organ für die Kreise Zeitz, Weißenfels. Naumburg", Zeitz, den 27. September 1932 Wallbaum, Eugen: Analyse der Stadt Naumburg. Naumburg, ohne Jahresangabe, unveröffentlicht, um 1950 Warnung vor Abwanderung von Arbeitslosen. "Naumburger Tageblatt", Naumburg, den 8. November 1933 Was wird aus unserem Mädel? "Naumburger Tageblatt", Naumburg, den 27. Februar 1934 Waase, Karl: Die Naumburger Jäger im Weltkriege. Magdeburger Jägerbataillon Nr. 4 nebst allen zugehörigen Kriegsformationen. Akademische Buchhandlung R. Max Lippold, Leipziger Verlagsbuchhandlung 1920 [Karl Waase war Offiziers-Stellvertreter und ehemaliger Kompanieführer der Ersatz-Radfahrer-Kompanie] Wieder Straßen-Tumulte in Naumburg. "Volksbote. Sozialdemokratisches Organ für die Kreise Zeitz, Weißenfels, Naumburg". Zeitz, den 28. Juli 1932 Wilker, Karl: Auf der Leuchtenburg. Junge Menschen. Blatt der deutschen Jugend. Stimme des neuen Jugendwillens. Herausgegeben von Dr. med. Knud Ahlborn / Walter Hammer. Verlag Junge Menschen, GmbH Hamburg. Johnsallee 54, 2. Jahrgang, Ende Januar 1921, Heft 2, Seite 28 Wir brauchen jede Arbeitskraft. "Mitteldeutsche National-Zeitung", Naumburger Ausgabe, 28. Januar 1938 Zeisl, Hans: Zur Soziographie der Arbeitslosigkeit. In: Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik, 1933, 69, Seite 96 bis 105 Stefan Zweig über Maxim Gorki. Geschrieben 1931. In Gorki, Maxim: Der Landstreicher. In: Maxim Gorki: Erzählungen. Aus dem Russischen übertragen von Arthur Luther. Insel-Verlag, Leipzig MCMLVII, Seite 317 bis 332 |
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Autor: Detlef Belau |
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